Das Medizinrad 2
Teil 2: Himmelsrichtungen
Nachdem wir uns im ersten Teil, Das Medizinrad, mit den Elementen beschäftigt haben, gehen wir jetzt noch ein Stück tiefer in den Bereich des alten schamanischen Wissens. Dort wird davon ausgegangen, dass wir uns bewusst für dieses Erdenleben mit den jeweiligen „Rahmenbedingungen“ entschieden haben, um zu wachsen.
Für die Seelen ist es eine besondere Erfahrung, hier auf der Erde in einem begrenzten Körper Erfahrungen des Getrenntseins zu machen. Bevor eine Seele auf dieser Erde inkarniert, hat sie einen Seelenplan - oder anders gesagt, sie hat sich gemeinsam mit den Karmameistern (den Hütern der Lebensbücher) eine Aufgabe gestellt, die sie hier auf dieser Erde bewerkstelligen möchte. Zum Zeitpunkt der Geburt setzt sich ein Schleier auf diese Aufgabe und diese Seele weiß nicht mehr, dass sie als spirituelles Wesen eine Erfahrung in einem begrenzten menschlichen Körper machen möchte. Alles, was geschieht, hat seine Berechtigung, auch wenn wir es nicht immer verstehen und es uns häufig schwerfällt, Dinge zu akzeptieren.
Die folgende Betrachtungsweise auf Geschehnisse hilft, eigene Muster, Potentiale und Entwicklungsmöglichkeiten zu erkennen, wenn ich bereit bin, ehrlich hinzuschauen, alle Gefühle zu fühlen und Projektion ins Außen zu minimieren.
Noch etwas möchte ich vorweg schicken. Manche meiner nachfolgenden Ausführungen lesen sich vielleicht so, dass man nur mal schnell etwas machen muss und dann ist alles gut. Das kann natürlich nicht funktionieren. Die gewonnenen Erkenntnisse können sich als kleine Mosaiksteinchen auf dem eigenen Weg erweisen. Jedoch klebt nicht jedes Steinchen sofort richtig gut auf der Unterfläche. Es fällt immer mal wieder heraus und möchte neu angeklebt oder neu positioniert werden.
So geht es auch uns. Da haben wir das Gefühl: „Ja, der Knoten ist geplatzt!“ und schon zeigt er sich am nächsten Tag in einer anderen Form. Das Ganze dann nicht als Schildbürgerstreich abzutun, sondern auch mal herzlich über sich selbst zu lachen, kann sehr befreiend wirken. Bis an unser Lebensende werden wir Lernende bleiben. Alleine die Tatsache, dass wir bereit sind zu lernen, führt zu mehr innerem und äußerem Frieden, weil wir uns unserer Selbst immer bewusster werden und immer weniger Bestätigung im Außen suchen.
Um die nachstehenden Erläuterungen besser nachvollziehen zu können, ist es hilfreich sich die Beschreibungen der ersten vier Himmelsrichtungen zur Hand zu nehmen und immer mal wieder nachzulesen. So lade ich jetzt zur weiteren Reise durch das Medizinrad ein:
Der Südosten
Im Südosten befindet sich der Platz der Ahnen, sowie die Selbstliebe und Selbstannahme. Hier verbindet sich der Osten mit dem Süden oder anders gesagt: die Vision mit dem Vertrauen.
Daraus ergibt sich unser Lebenskonzept, welches von uns gelebt werden möchte. Dazu gilt es, all unsere Ahnen anzuerkennen. Sie haben unseren Weg bereitet. Dies gilt sowohl für unsere leiblichen Ahnen als auch für die spirituellen Ahnen(erleuchtete Meister, große Lehrer). Ohne sie wären wir nicht die Menschen, die wir heute sind. Häufig gehen wir hiermit in den Widerstand und wollen es nicht wahrhaben, weil tiefe Verletzungen vorliegen. Hier gilt es jedoch zu unterscheiden zwischen den menschlichen Handlungen und den tiefen Seelenaufgaben. Ein kurzes Beispiel verdeutlicht dieses: Vielleicht hatte jemand einen brutalen Großvater. In einem solchen Fall fällt es häufig schwer, sich mit diesem zu verbinden. Vielleicht hat aber auch gerade diese Erfahrung denjenigen stark werden lassen.
Als Menschen haben wir (und natürlich auch all unsere Vorfahren) alle einen freien Willen und können somit immer die Richtung unseres Lebens bestimmen. Deshalb stimmt der Seelenplan nicht immer mit dem gelebten menschlichen Leben überein. Ich komme noch einmal auf das Beispiel mit dem Großvater zurück. Wir wissen nicht, welche Erfahrungen ihn haben brutal werden lassen. Wenn jedoch die Seele den menschlichen Körper verlassen hat und als reine Essenz zum Ursprung zurückkehrt, ist sie wieder reine Liebe und unterstützt ihre Nachkommen mit ihrer Liebe.
Damit wir uns unserer Lebensaufgabe annähern können, ist es spannend zu schauen, welche Muster oder Knoten sich in unserer Ahnenlinie zeigen und mit welchen wir explizit immer wieder in Resonanz gehen. Fühle ich mich vielleicht als Aussteiger im Familiensystem? Schaue ich, ob es in meiner Ahnenlinie oder auch in der näheren Verwandtschaft Angehörige gibt, die ebenfalls einen anderen Weg gegangen sind? Wie ist es ihnen damit ergangen? Wie haben sie gelebt/wie leben sie? Diese Betrachtung kann Mut machen und das eigene Selbstbewusstsein stärken, da man sich nicht mehr abgeschnitten von dem Familiensystem fühlt. Dieses „selbst-bewusste“ Handeln macht frei und erwachsen. Es braucht dann nicht mehr die Reaktionen und Bestätigung der Außenwelt, sondern man nimmt sich so an, wie man ist. Das führt zu mehr innerem Frieden, der nach außen strahlt. Es ist immer unsere Wahl, welche Haltung wir dem Leben gegenüber einnehmen. In der Meditation können wir Kontakt mit dem Geist einer unserer Ahnen aufnehmen und ihn einladen, unser Begleiter zu sein, damit sich das Feuer immer weiter entzündet und die Visionen ins materielle Leben gebracht werden können.
Impuls für den Südosten:
- Ich nehme meinen Platz im Leben in Würde ein. Ich achte mich selbst mit allem, was ich bin und was mich ausmacht.
Der Südwesten
Im Südwesten befinden sich der Platz der Träume sowie der Platz der offenen und geschlossenen Symbole. Hier verbindet sich die Kraft des Südens mit der Kraft des Westens oder anders gesagt: das Vertrauen mit der Intuition.
Hier zeigt sich, wie weit wir uns emotional im Gleichgewicht befinden. Wenn zu vieles festgehalten oder aufgestaut wurde, viele Lebensgeschichten nicht aus dem Vertrauen heraus, sondern mit Angst und negativen Glaubenssätzen geschrieben wurden, entstehen die geschlossenen Symbole.
Bei allem, was uns begegnet, formt unser Verstand Bilder, Gedanken und Vorstellungen. Das „Leibgedächtnis“ (Körpergedächtnis) wird aktiviert. So hat vielleicht ein Kleinkind im Krieg Raketeneinschläge gehört. Dieses Geräusch hat eine so tiefe Angst ausgelöst, dass es mit der Situation nicht umgehen konnte und sie verdrängt bzw. in den Schatten geschoben hat. Das Geräusch und die damit verbundenen Gefühle haben sich tief im Körper eingenistet. Stellen wir uns jetzt Situationen vor, in denen z.B. Böller abgeschossen werden, so kann hierdurch bei dieser inzwischen erwachsenen Person eine subtile Angst hervorgerufen werden, für die es offensichtlich keine Erklärung gibt. Denn das „Leibgedächtnis“ hat keine zeitliche Vorstellung. Unsere (oftmals unbewussten) Reaktionen haben deshalb nicht unbedingt etwas mit der realen Situation zu tun, sondern sind häufig etwas altes Unbekanntes. Immer wenn wir uns unserer Reaktionen bewusst werden und bereit sind, die damit verbundenen Gefühle zu fühlen - auch wenn Schmerzen, Angst oder ähnliches damit zusammen hängt - können wir ein geschlossenes Symbol öffnen und es künftig in unser Leben integrieren. Im vorgenannten Fall bedeutet dies, dass die Person erkennt, dass die Böllerschüsse und ihre Angst zusammengehören. Sie fühlt in diesem Zusammenhang die Angst, den Schmerz und alles, was sich zeigt - immer wieder aufs Neue, bis irgendwann die Angst vor dem Böllerschuss komplett gewichen ist.
Manchmal verbergen sich auch hinter den offenen Symbolen in Wirklichkeit geschlossene Symbole. Unsere Handlungen und Reaktionen sind uns so vertraut und fühlen sich so bequem an, dass wir gar nicht merken, wie fest wir in Wirklichkeit sind und wie wenig bereit, Neuem - und somit der eigenen Weiterentwicklung - Raum zu geben.
Der Südwesten lädt uns ein, den persönlichen Lebenstraum frei zu tanzen (oder auch frei zu singen) und sich angstfrei und vertrauensvoll dem Leben hinzugeben.
Impuls für den Südwesten:
- Ich bin bereit, immer tiefer meine Gedanken, Ideen und Vorstellung wahrzunehmen und Symbole zu entschlüsseln, die mich immer mehr in meine Handlungsfähigkeit für meinen persönlichen Traum führen, damit ich ganz und gar mein Leben lebe und tanze.
Der Nordwesten
Im Nordwesten befinden sich der Platz der Regeln und Gesetze sowie der Rhythmen und Zyklen. Hier verbindet sich die Kraft des Westens mit der Kraft des Nordens oder anders gesagt: die Intuition mit dem instinktsicheren Handeln.
Wenn diese Kräfte zusammen wirken können, zeigt das eine vertrauensvolle Hingabe in die Kreisläufe des Lebens. Wir alle sind ständig mit diesen Kreisläufen konfrontiert. Schauen wir uns den Tag-Nacht-Kreislauf an oder den Jahreskreislauf, aber auch Ebbe-Flut oder den Kreislauf des Mensch-seins sowie den weibliche Menstruationszyklus. Alles unterliegt großen und mächtigen Regeln, die wir nicht ändern können, sondern sie immer wieder als Wachstumschance ergreifen können, in dem wir mit diesen Kreisläufen gehen. Häufig stoßen wir hier jedoch auf Grenzen und lehnen die naturgegebenen Kreisläufe ab bzw. versuchen sie zu umgehen, weil sie uns mit unserer Ur-Angst vor dem Tod konfrontieren. Aber erst wenn wir erkennen, dass auf jeden Tod neues Leben entsteht und diesen Rhythmus oder Zyklus in unser tägliches Leben integrieren, sind wir Eins mit dem Weltenklang.
Ich möchte jetzt noch auf die persönlichen Regeln und Gesetze eingehen, die wir uns selber schaffen. Sie sind entstanden durch unsere Moralvorstellung, z.B. durch unsere Einteilung in „gut und schlecht“, „falsch und richtig“, „erlaubt und verboten“. Diese Regeln sind nicht in Stein gemeißelt, sie waren zu einem bestimmten Zeitpunkt in unserem Leben vielleicht wichtig und richtig, aber sie dürfen sich auch wandeln.
Als Kind haben wir vielleicht häufig gehört: „Das macht man nicht!“. Als Erwachsene kann ich jede diese Aussagen überprüfen und meine eigene Moralvorstellung entwickeln. Wenn wir uns auf unseren alten Regeln ausruhen, schränken sie uns auf Dauer ein.
Neben den persönlichen gibt es auch kollektive (oder auch gemeinschaftliche) Gesetze und Regeln, die es einzuhalten gilt, indem z.B. regelmäßig die Steuererklärung abgegeben und die entsprechende Einkommenssteuer bezahlt wird oder indem vorgeschriebene Verkehrsregeln eingehalten werden.
Über all diesen Gesetzen stehen die „Heiligen Gesetze“, wie z.B. „Den Kindern darf kein Leid geschehen“, „Du sollst nicht mehr nehmen, als du brauchst“. Diese sollten immer beachtet werden, da ansonsten ein großes Ungleichgewicht entsteht.
Natürlich können wir uns gegen Regeln und Gesetze auflehnen oder sie boykottieren. Allerdings müssen wir dann auch bereit sein, die Konsequenzen für unser Handeln zu tragen (z.B.: Wenn ich zu schnell fahre, muss ich ggf. eine Strafe bezahlen). Das gilt auch für die persönlichen Regeln und Gesetze. Ich kann meine Sichtweise oder Moralvorstellung immer ändern, aber auch hier trage ich selber die Verantwortung.
Erst wenn wir die Muster hinter unseren Handlungen erkennen und verstehen, welche Ereignisse sich ständig wiederholen, können diese geändert werden. Jede Handlung, die wir vollziehen, hat eine Konsequenz.
Impuls für den Nordwesten:
- Ich bin bereit, mit dem Kreislauf des Lebens zu gehen und lasse mich verantwortungsvoll auf meinem Wandel ein. Ich nehme Regeln wahr, die ich mir auferlegt bzw. die ich auferlegt bekommen habe und befreie mich dadurch aus Begrenzungen, die mich in meiner Ausdrucksweise einengen.
Der Nordosten
Zuletzt kommen wir zum Nordosten. Dort befindet sich der Platz der Energiebewegung, der Gestaltung und Choreographie der Energie. Die Kraft des Nordens verbindet sich mit der Kraft des Ostens. Die instinktsichere Bewegung trifft auf das Feuer der Vision - eine energiegeladene chaotische Bewegung entsteht.
Die Tiere lehren uns, zu akzeptieren, dass Jeder seine Rolle im großen Gefüge hat und es hier nicht um die Bewertung besser oder schlechter geht. Auch jeder einzelne Mensch spielt seine eigene Rolle. Dieses Verbundensein mit der ganzen Schöpfung kann noch weiter heruntergebrochen werden: Jedes Organ in unserem Körper erfüllt seine Rolle, jede Zelle ist ein Teil unseres menschlichen Organismus‘. Hier würden wir ja auch nicht bewerten, welches Organ oder welche Zelle höherwertig ist, sondern jede als einen gleichwertigen Teil von uns ansehen.
Oftmals suchen wir unsere Rolle in unserem Leben. Eine Hilfestellung gibt uns die Kraft des Ostens, über die wir unsere Visionen erfahren. Im Nordosten geben wir unseren Visionen Gestalt und Kraft. Durch das Setzen von Prioritäten in unseren Handlungen können wir so unseren Lebensfluss zum Fließen bringen. Manchmal scheuen wir uns, die Visionen zu verfolgen und ihnen Zeit und Raum zu geben. Vielleicht weil sie nicht die gesellschaftliche Akzeptanz haben oder einfach aus Bequemlichkeit. Dann ziehen wir andere Tätigkeiten vor und verlieren im täglichen Gewusel unseren Fokus auf unser eigentliches Ziel.
Wir Menschen haben im Laufe der Zeit - insbesondere auch geprägt durch die kargen Nachkriegsjahre - gelernt, unser Sein mit beruflichem Status und materiellem Besitz zu messen. Doch erst wenn wir den Fokus auf das halten, was uns wirklich bewegt, unabhängig davon was gesellschaftlich gerade angesagt oder „in“ ist, kommen wir wirklich bei uns an und werden erstaunt darüber sein, was sich - wie von selbst - einstellt.
Impuls für den Nordosten:
- Ich halte meinen Fokus auf meine persönliche Rolle, meine Funktion, meine Arbeit innerhalb der Gemeinschaft und wirke heilsam für mich, für andere und für die Erde. Fühle ich mich orientierungslos und hin- und hergerissen, gebe ich mich der Unsicherheit hin.
Nächste Folge: Das Medizinrad Teil 3
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