Der Jahreskreis

Frühlings- Tag- und Nachtgleiche - Ostern

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30. März 2018 von Ulrike Sprick

Wir feiern Ostern, das Fest der Auferstehung und erwarten den März, den Lenzmonat (althochdeutsch: Lengithin-Manoth): Es ist die Zeit des Aufbruchs und der Erneuerung. Jeden Tag scheint das Licht drei Minuten länger als am Tag zuvor.

Bei der Frühlings-Tag- und Nachtgleiche, wenn Tag und Nacht gleich lang sind, erscheint die Sonne bei ihrem Aufgang genau im Ostpunkt, daher nannte man diesen Zeitpunkt früher die Oster-Zeit. Das altdeutsche Wort „ostarun“ bedeutet die Kunde vom neuen Licht. Von nun an sind die Tage länger als die Nächte, das Licht gewinnt die Oberhand.

Von Osterhasen und Eiergeschenken

So hieß denn auch die Frühlingsgöttin Eostre oder Ostara, deren heiliges Tier der Mondhase war und deren Blumen die Narzissen oder Osterglocken. Ihr zu Ehren soll man sich auch gegenseitig buntgefärbte Eier geschenkt haben, der Inbegriff neuerwachter Fruchtbarkeit. Andererseits heißt es, daß diese Göttin erst um das Jahr 700 in der Schrift „de temporum ratione“ von dem englischen Benediktinermönch Beda Venerabilis zur Erklärung der Bezeichnung „Ostermonat“ erfunden worden sei (Quelle: Brockhaus 1970).

Dagegen spricht, daß sich im Kloster Corvai ein altsächsischer Bardenchor erhalten hat, der da lautet: „Ostara, Ostara, der Erde Mutter, lasse diesen Acker wachsen und grünen, ihn blühen, Früchte tragen, Frieden sei ihm! Daß seine Erde sei gefriedet, und sie sei geborgen, wie die Heiligen, die im Himmel sind.“

Aus dieser Anrufung wird ersichtlich, welchen Einfluß man der Göttin Eostar/Ostara auf den Feldbau zusprach, und es ist auch überliefert, daß man ihr zu Ehren bedeutende Feste abgehalten hat. Man besteckte die Bäume, vor allem die Dorflinden, mit Lichtern und tanzte den Reigen um den Stamm.

Fast alle diese älteren Gebräuche gingen im christlichen Auferstehungs-Fest auf. Nun brachte man Osterspeisen in die Kirche, wie Schinken, Eier, Osterfladen, um sie segnen zu lassen und anschließend gemeinsam im Kreise der Angehörigen zu verzehren.

Das Licht kommt zurück

Aber noch immer wurde das Licht des Himmels in dieser Zeit feierlich begrüßt mit dem Licht der Erde, überall wurden jetzt Feuer entzündet, und die Lohe gab Kunde von Berg zu Berg, von Feuerplatz zu Feuerplatz, von Gütersloh zu Ebbesloh, zu Ascheloh, und immer weiter so.

Früher wurde das Heilige Rad des Lebens selbst als Feuerrad von den Hügeln gerollt, wie es heute noch ähnlich wie vor 2000 Jahren in der lippischen Ortschaft Lügde (bei Bad Pyrmont) geschieht und jährlich Zigtausende von Besuchern zu den Hängen des Osterbergs zieht.

Nach altem Glauben ist die Kraft des Lebens in den heiligen Osternächten besonders mächtig. So gingen die Frauen mit ihren Krügen am Morgen des Ostersonntags vor Sonnenaufgang zu den Quellen oder Bächen und schöpften schweigend das heilkräftige Osterwasser, am besten, ohne daß dies jemand beobachtete. Dann sollte es besonders reinigend, heilsam und belebend wirken.

Altes Wissen von Licht und Dunkelheit

Unseren Vorfahren wohnte das Bewusstsein über die Kraft der Auferstehung des Lichtes zum Sieg über die Dunkelheit so tief inne, das das Christentum dieses heidnische Hauptfest zum Tag der Auferstehung des Herrn gemacht hat und damit zum wichtigsten Feiertag der Christenheit.

Die heidnische Abstammung des Osterfestes läßt sich jedoch aus seiner Abhängigkeit vom Mondkalender ableiten, der noch im Zeitalter der Großen Göttin befolgt wurde. Der römische Kalender widmet diesen Monat dem Kriegsgott Mars, da nach dem Winter nun erstmals wieder Kriegszüge unternommen werden konnten. Es ist die Zeit des ersten Rüstens, des ersten Handelns, auch der ersten Kämpfe.

Märzenbrücke

Der Monat März ist die Brücke zwischen Winter und Frühling. Der Winter selbst führt Rückzugsgefechte, nachts kann es noch empfindlich kalt sein mit Temperaturen weit unter dem Gefrierpunkt, tagsüber hat die Sonne schon deutlich wärmende Kraft und taut den Boden wieder auf. Statistisch gesehen gibt es im März den geringsten Niederschlag des Jahres. Man sagt, im März kann man schon 7 Sommertage erleben, d. h. während eines Hochs können die Tagestemperaturen 20°C erreichen oder sogar mehr. Dann blühen die Märzbecher, die Osterglocken, die Narzissen.

Im März kehren die meisten Zugvögel aus dem Süden zurück. Früher begrüßten die Menschen auf ihren Dächern die Störche, die nach alter Mythologie die Kindlein bringen. In den Feuchtwiesen finden sie wieder reichlich Nahrung durch Kröten und andere Amphibien, die jetzt die Wanderung zu ihren Laichgewässern beginnen.

Der Hase pfeift fröhlich zu seinem Hochzeitstanz. Auch bei den Menschen stellen sich nun nach der Zeit der Frühjahrsmüdigkeit wieder die ersten „Frühlingsgefühle“ ein.

Im Märzen der Bauer die Rösslein einspannt. Er setzt seine Felder und Wiesen instand.
In vorchristlicher Zeit wurden die Felder umwandert und gesegnet, Mutter Erde wurde zu neuem Leben erweckt. In etlichen Sagen heißt es, daß „eine Königin mit einem Wagen das Land umfuhr“, in dessen Spuren die Blumen erblühten und die Pflanzen noch üppiger wuchsen als zuvor. Die alte Erdgöttin ist gemeint, die im Frühjahr als jugendliche Schönheit erscheint.

Vom Fasten im Lenz

Der Begriff Lenz stammt aus dem althochdeutschen „Lengtho“ oder „Lengithin“, und steht im Zusammenhang mit dem Wort „lang“ (lengi, die Länge; lenges, der Länge nach). Der zweite Bestandteil dieser Zusammensetzung (germ.: thinag/tac) bedeutet „Tag“. Er beschreibt also die Jahreszeit nach ihren länger werdenden Tagen.

Im Altenglischen bedeutete lent „die Fastenzeit“.

Unsere Vorfahren haben bei schmaler Vorratslage in dieser Jahreszeit sicherlich oft unfreiwillig gefastet, d. h. die letzten verbliebenen Lebensmittel sorgsam einteilen müssen, bis das erste frische Grün zu neuer Kraft verhalf. Eine rituelle Fastenzeit hat diese Not erträglich gehalten, und selbst in besser gestellten Jahren hat man die Erfahrung gemacht, daß das Fasten insgesamt sehr vorteilhaft für Körper, Seele und Geist ist.

In der heutigen Zeit des Überflusses tut eine Fastenzeit besonders gut und läßt uns zu der Besinnung kommen, daß diese Fülle, dieses viele Überflüssige nicht notwendig zu einem gesunden und glücklichen Leben gehört. Der Körper dankt uns den Verzicht auf Luxus mit mehr Lebenskraft und Freude. Der Geist jagt nicht mehr dem Habenwollen hinterher sondern kommt zum Frieden. Die Seele richtet sich auf höhere denn auf irdische Bedürfnisse aus.

Da aber alles seine Grenzen haben muß, auch die Selbstdisziplin und der Verzicht, so endet diese Fastenzeit mit dem Osterfest, in der mit Begeisterung alles auf den Tisch gebracht wird, was die Natur uns zu diesem Zeitpunkt schenkt.

Den Auftakt dazu begannen die Menschen mit dem „Grünen Donars-Tag“, an dem die ersten zarten Kräuter und Sprossen rituell in einer Suppe verzehrt wurden. Ein gesundheitlich kluges Fastenbrechen und die gescheite Einleitung zum großen Schlemmen!

Neun heilige Kräuter, die die Menschen segensreich durch das ganze Jahr begleiten, wurden hier erstmals wieder frisch begrüßt und mit großer Ehrerbietung köstlich zubereitet.

Mythologien / Gottheiten des Lenz

Die Königin, die auf ihrem Wagen die Felder umrundet, erscheint in vielfältiger Form, im Süddeutschen Raum „Königin Sybille“ genannt (Schwäb. Alb), im Norddeutschen „Verena“ oder Frau Vrene, die jugendliche Göttin.

Unweit vom Berg Meißner im Hessischen befindet sich eine Höhle, genannt „der Hohle Stein“, zu welcher am 2. Ostertag die Jugend der umliegenden Dörfer zog und Blumen niederlegte, um dann aus der dortigen Quelle das heilkräftige Wasser zu schöpfen. Ohne Blumen wagte sich niemand hin. Perger vermutete, daß diese Sitte mit einem längst entschwundenen Dienst der Höhlenjungfrau Perachta (die Percht, die Pertha, die Prächtige, die Glänzende) zusammenhing, vielleicht auch mit einem archaischen Wasserkultus.

Als männliche Gottheit der Fruchtbarkeit, geboren zur Wintersonnenwende, gilt der Hirschgott Cerunnos, der Gehörnte, dessen Antennen vom Kopf in den Himmel ragen und der von dort die wichtigsten Informationen bekommt, der Herr des Waldes, der hiesige König der Tiere.

Weitere männliche Fruchtbarkeitsgötter waren Thor, der seinen Hammer wie ein Blitz in die Erde einschlagen ließ, und der Sonnengott Freyr, der mit erigiertem Penis dargestellt wurde. Der Sage nach verliebte er sich in eine Riesin namens Gerda (Erda, der Garten), um die er kämpfen mußte, bis er sie zu erwecken vermochte. Die Erde und der Himmel feierten dann Hochzeit, so hieß es.

Ein angelsächsischer Pflugsegen ist überliefert, der beim Pflügen des Bodens gesprochen wurde. Er beginnt mit der Anrufung: „Erce, Erce, Erden-Mutter“ und während man die erste Furche zog, sprach man „Heil Dir, Erde, Mutter der Menschen, sei du wachsend in Gottes Umarmung, mit Nahrung erfüllt, zum Wohle der Irdischen!“

Eartha, Pertha, Berta, die Birke stehen in Relation, und so gehörte es zu den Riten, mit dem sanften Schlagen der „Lebensrute“, mit Zweigen der Birke (oder auch von Hasel und Wacholder) die Lebenskraft anzuregen, und Wachstum, Gesundheit, Fruchtbarkeit und Glück zu fördern.

Die erwachende Lebenskraft, die sich windende, aufwärts schlängelnde Kraft, wurde in einigen Gegenden der Erde als „Drachenkraft“ betrachtet, als Inbegriff der Erdenkraft. Drachen galten als Boten der Großen Göttin und verkörperten ihre Macht.

Wohl deshalb wurde der zumeist zauberkundige Drache in der christlichen Mythologie dämonisiert, verfolgt und getötet vom Heiligen Georg, dem Drachentöter. Der Name Georg bedeutet „Bauer“!

Auf manchen Darstellungen des Kampfes von Georg mit dem Drachen soll man allerdings sehen können, daß die zu rettende Jungfrau den Drachen wie einen Schoßhund an der Leine führt! (M. Kaiser, S. 54). War sie also eine Drachenreiterin und ihre „Rettung“ in Wahrheit eine Entmachtung? In China betrachtete man den fabelhaften Drachen damals wie heute noch als Glückssymbol!

Die Zeit der Drachen kehrt zurück. Mystische Darstellungen und Figuren von Drachen finden sich in Gärten und Wohnungen, auf T-Shirts und Gebrauchsgegenständen.

Drachen werden dabei nicht mehr als menschenfressende Monster gesehen, sondern als schillernde Verbündete, als Hüter der Schätze und Geheimnisse, als persönliches Reittier, und das nicht nur in Fantasy-Filmen, sondern auch in der ganz individuellen meditativen Traumzeit.

Ostern, das ist die Zeit des Wiedererwachens – für die Natur, für die Drachen – und für uns Menschen!

Ein fröhliches Osterfest wünscht Euch die Kräuterfrau Ulrike Sprick

Quellen:

Brockhaus Enzyklopädie

Arbeitskreis Deutsche Mythologie: „Das Erbe der Ahnen“

Duden „Etymologie“, Herkunftswörterbuch der Deutschen Sprache, 2. Auflage 1989, Dudenverlag

Kaiser, Martina: „Der Jahreskreis“, Aurum Verlag, 6. Auflage 2014

Perger, K., Ritter von, 1864: „Deutsche Pflanzensagen“, 1864 (Zentralantiquariat der DDR), Nachdruck 1980

Walker, Barbara G.: „Das geheime Wissen der Frauen“, Lexikon, 1993

Muse Adalrica, „des reichen Erbes innehaltend und gewahrwerdend“

Ein Artikel von
Ulrike Sprick

Ulrike Sprick - Kräuterfrau, Lebensberaterin
Kräuterfrau, Lebensberaterin
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