Der Schreinermeister und der Baum

Prosa zum Thema des Monats - Alter und Tod

© Pixabay
7. November 2017 von Heilnetz Redaktionsteam

Ein Schreinermeister und sein Gehilfe kamen an einem sehr großen Baum vorbei, der von allen Leuten in der Umgebung verehrt wurde und als Schrein für die örtlichen Geister diente. Es war ein so großer Baum, dass man seinen Ochsen dahinter hätte verstecken können.

Der Gehilfe sagte zum Schreinermeister: "Was für ein wunderbarer Baum.“
Aber der Meister war anderer Meinung: "Er ist völlig nutzlos. Würde man ein Boot aus seinem Holz machen, so würde es sinken, ein Sarg würde schnell morsch, Möbel würden auseinanderfallen, einen Pfeiler würden die Insekten zerfressen. Sein Material taugt zu nichts, deswegen hat er ein so hohes Alter erlangt.“

Doch in dieser Nacht erschien dem Meister der Geist des Baumes im Traum und sagte: "Du sagst, ich tauge zu nichts. Wäre ich nützlich gewesen, so hätte man mich längst gefällt. Hätte ich Früchte getragen, wären meine Zweige beim Pflücken abgebrochen. Die produktive Fähigkeit macht das Leben bitter und bringt es zu einem vorzeitigen Ende. Nur weil ich so völlig nutzlos bin, konnte ich so groß und alt werden und als Schrein für die Menschen dienen, an dem sie die örtlichen Geister verehren können."

(Zhuangzi)