Shibashi
Das an die Bedürfnisse des modernen Menschen angepasste Gesundheitsübungssystem Shibashi, auch Taiji Qigong genannt, besteht aus 8 Sätzen mit insgesamt 18 Körperübungen, bei der die langsamen und gleichmäßigen Bewegungen des Taiji, die in vorgeschriebener Abfolge mehrmals wiederholt werden, mit kontinuierlichem Atmen und Meditation des Qigong kombiniert werden. Die poetischen Bezeichnungen der einzelnen Bewegungsabläufe wie "Tanz mit dem Regenbogen“, "Der weiße Kranich schlägt mit seinen glänzenden Flügeln“ oder "Umarme den Tiger – kehre zum Berg zurück!“ sind der Natur entlehnt.
Chi oder Qi bezeichnet in Asien eine unerschöpfliche, allgegenwärtige Lebenskraft, die Gesundheit und Wohlbefinden grundlegend beeinflusst. Qi durchströmt nach Ansicht der chinesischen Philosophie den gesamten Kosmos und belebt und verbindet alle Wesen. Die Lebensenergie fließt im menschlichen Körper über bestimmte Qi-Bahnen, die sogenannten Meridiane. Diese sind mit inneren Organen verbunden und im Austausch. Wenn Qi im Körper nicht ausreichend und harmonisch fließt, soll der Mensch krank werden. Um den Qi-Fluss zu aktivieren und zu harmonisieren, wurden in China über Jahrtausende unzählige Übungen entwickelt, Bewegungsabfolgen, die unter dem Oberbegriff Qigong zusammengefasst werden. Zur Familie des Qigong gehört auch die Bewegungsmeditation Shibashi.
Shibashi wurde 1979 von Professor Lin Housheng, international anerkannter Qigong Meister und Professor an der Sportuniversität Shanghai, zu gesundheitlichen Zwecken entwickelt. Lin ist einer der ersten, der die Kunst des Taiji mit der Kraft des Qigong verbunden hat. 1978 veröffentlichte Lin seinen ersten Artikel zur Wirkungsweise des Qi: "The preliminary test results on Material Basis of Qigong Therapy Method". Darin erläutert er die heilsame Wirkung von Qi-Übertragungen auf den menschlichen Körper wie zum Beispiel zur Schmerzlinderung. Ein Jahr später präsentierte Lin seine Forschungsergebnisse Wissenschaft und Öffentlichkeit. Im selben Jahr begann Lin, Taiji mit Qigong Übungen zu der neuen Methode Shibashi zu verbinden. Lin hat inzwischen über ein Dutzend Bücher über die Anwendung des Qigong in der Medizin veröffentlicht. Eine seiner bemerkenswertesten Erfindungen, ein Qigong-Therapieinstrument, wurde 1989 auf einer Fachmesse für medizinische Geräte mit der höchsten Auszeichnung geehrt.
Körperliche und psychische Wirkung
Shibashi trainiert und intensiviert Atmung (tiefe Bauchatmung), Bewegung, Konzentration und psychische Stabilität. Die Übungen sollen den Körper entspannen, den Geist beruhigen, den Tonus der Muskeln verbessern und Stoffwechsel und Energiefluss anregen, sodass Stress reduziert, die Vitalität gesteigert und das Immunsystem gestärkt werden. Bei regelmäßiger Ausübung sollen auch Beschwerden wie Rücken- und Gelenkschmerzen, Kopfschmerzen und Migräne sowie Asthma, Bluthochdruck, Konzentrationsschwäche, Schlafstörungen und vegetative Herzbeschwerden gelindert werden können.
Spirituelle Ausrichtung
Neben Bewegung und Atmung werden spirituelle Grundhaltungen eingenommen und erfahren. Gegensätze wie Körper und Geist, Erde und Himmel, Bewegung und Ruhe, Tun und Lassen, Welt und Gott werden miteinander in Einklang gebracht und die Präsenz im Hier und Jetzt, in der Begegnung mit sich selbst, dem anderen, der Natur, dem Geheimnis der Schöpfung, dem Göttlichen erfahrbar gemacht. So sollen durch geduldiges Üben auch die Wahrnehmung und Lenkung der äußeren und inneren Lebensenergie ("Wai Qi" und "Nei Qi") geschult und die sogenannten "Energietore", Punkte, wo sich mehrere Meridiane kreuzen, geöffnet werden.
Körperliche Voraussetzungen
Das Übungssystem beginnt mit Bewegungen, die keinerlei Vorkenntnisse oder körperliche Fitness voraussetzen. Der erste Übungssatz kann sogar im Sitzen durchgeführt werden. Die folgenden sieben Sätze erfordern sukzessive mehr Vorkenntnisse, Fitness und Geschicklichkeit und führen schließlich in den Bereich der tiefen Meditation und der Traditionellen Chinesischen Medizin – allerdings nur mit Hilfe eines/r erfahrenen Lehrers/in.
Autorin:
Martina Seifert