Yin Yoga

Der Name "Yin Yoga" entstammt dem chinesischen Konzept des weiblichen (Yin) und männlichen (Yan) Prinzips, das im Taoismus eine besondere Rolle spielt. Der Taoismus gilt als die eigentliche Religion beziehungsweise Philosophie Chinas. Laut dieser Weltanschauung repräsentiert Yin die weibliche, passive Energie, während Yang den männlichen, aktiven Part darstellt. In der Anatomie werden die Muskeln dem Yang-Prinzip zugeordnet. Yin steht für das Bindegewebe wie Bänder, Sehnen und Knorpel.

Im Yin Yoga werden die Asanas größtenteils liegend und sitzend praktiziert und zwischen drei und sieben Minuten gehalten. Zur Harmonisierung wird zwischen den einzelnen Übungen häufig eine neutrale Liegeposition eingenommen. Im Grunde ist das lange Verweilen in den Asanas keine Neuerfindung, sondern ein entscheidender Aspekt des traditionellen Hatha Yoga und Daoist Yoga. Auch im Iyengar Yoga werden bestimmte Posen minutenlang gehalten. Die Asanas gleichen körperlich den traditionellen Hatha Yoga-Übungen, doch die Absicht und die innere Ausrichtung ist eine grundsätzlich andere. Im Yin Yoga werden die Asanas mit wenig bis gar keiner Muskelanstrengung praktiziert. Denn Yin Yoga zielt darauf ab, alle nicht benötigten Muskeln vollkommen loszulassen, sodass ein stiller meditativer Raum für innere Prozesse entstehen kann.

Eine typische Yin Yoga-Stunde umfasst leichte Vor- und Rückbeugen, Drehübungen und Hüftöffner. Auch der Sonnengruß und der Schulterstand werden häufig in Yin Yoga-Stunden unterrichtet. Yin Yoga-Stunden beginnen und enden oftmals mit einer kleinen Meditation, bisweilen auch mit dem Gesang von Mantras oder unter Verwendung von Klangschalen.

Körperliche Wirkung

Während eine aktive Yoga-Praxis den Fluss der Lebensenergie (Prana) in die Muskeln und das oberflächliche Bindegewebe lenkt, ermöglichen die lang gehaltenen, passiven Yogaübungen im Yin Yoga das tiefere Bindegewebe der Gelenke und die entsprechenden Bahnen des Meridiansystems zu erreichen. Verklebte Faszien, das elastische Bindegewebe, das alle Muskeln, Knochen, Organe und auch die Nerven wie ein Netz umspannt, werden aufgelockert, die Gelenke und das tiefe Bindegewebe stimuliert, die Flüssigkeitszufuhr erhöht und eine angemessene Dehnung ermöglicht. Energieblockaden entlang der Meridiane werden aufgelöst, sodass auch die Organe besser versorgt werden können. Zudem wirkt die Praxis beruhigend auf das Nervensystem. Auf diese Weise kann Yin Yoga bei muskulären Verspannungen helfen, für mehr Mobilität und geschmeidigere Gelenke sorgen und Bindegewebe und Muskeln flexibilisieren.

Mentale und psychische Wirkung

Yin Yoga hat auf mentaler und psychischer Ebene eine ähnliche Wirkung wie eine stille Meditation. Der Geist kommt zur Ruhe und lässt sich leichter auf den Körper und bestimmte geistige Aktivitäten fokussieren. Yin Yoga eignet sich somit, Stress vorzubeugen und abzubauen und Angstzuständen und Depressionen entgegen zu wirken. Dies bestätigt die 2017 durchgeführte Studie "Yin yoga and mindfulness: a five week randomized controlled study evaluating the effects of the YOMI program on stress and worry.", in der Probanden über fünf Wochen Yin Yoga und Achtsamkeitsübungen praktizierten. Sogar nicht-übertragbaren Krankheiten wie Herz-Erkrankungen soll damit laut einer weiteren fünfwöchigen Studie von 2018 ("Five-week yin yoga-based interventions decreased plasma adrenomedullin and increased psychological health in stressed adults: A randomized controlled trial.") vorgebeugt werden können.

Yin Yoga eignet sich für Einsteiger*innen, aber auch für Fortgeschrittene als Ausgleich zu eher aktiven Yoga-Praktiken. Auch ältere Menschen können von diesem ruhigen passiven Yoga-Stil profitieren. Yin Yoga kann zudem den Heilungsprozess nach Krankheit oder Unfall unterstützen.

Wie alle Bewegungstherapien erfordert auch Yin Yoga Eigenverantwortung und Achtsamkeit. Da jeder Körper einzigartig ist, können verallgemeindernde Kontraindikationen nicht angegeben werden.

Woher kommt Yin Yoga?

Paulie Zink, US-amerikanischer Kampfkunst-Meister und daoistischer Yoga-Lehrer, kreierte in den späten siebziger Jahren aus zahlreichen Yoga Asanas seinen eigenen Stil aus Haltungen, Bewegung und Meditation, aus denen schließlich Yin Yoga entstand. Der Yoga-Lehrer Paul Grilley, Schüler von Paulie Zink und Dr. Hiroshi Motoyama, ein japanischer Yogi, Shinto-Priester und Experte für indische und chinesische Medizin, sowie die Yoga-Lehrerin Sarah Power haben Yin Yoga weiter entwickelt und entscheidend mitgeprägt. Expert*innen behaupten allerdings, dass Yin Yoga, so wie es heute allgemein weitergegeben und gelehrt wird, nur noch einen Bruchteil der wahren Kunst Paulie Zinks darstellt.

Autorin:
Martina Seifert

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