Corona – eine Handreichung
Eine Zusammenfassung
Anliegen dieser Handreichung ist es, basierend auf Zahlen und Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation Menschen zu informieren, die sich von der Flut der Corona-
Meldungen überfordert fühlen. Hier werden leicht verständlich einige der wichtigsten Eckpunkte erläutert, die man sich persönlich im eigenen Leben zu Herzen nehmen kann.
Es soll keine Angst geschürt werden. Es soll aber auch nicht falsch beruhigt werden. In einer gefährlichen Zeit ist eine gewisse Beunruhigung und die Suche nach guten Lösungen eine angemessene und gesunde Reaktion.
Corona ist ein Jahrhundertereignis. Seit der Spanischen Grippe 1918/19 hat es eine so gefährliche Pandemie nicht gegeben. Es lebt heute kein Mensch mehr, der oder die eine Erinnerung an 1918/19 hätte. Deshalb müssen wir als heute lebende Menschen erst lernen, was eine solche Pandemie bedeuten kann.
Warum ist Corona so gefährlich, obwohl doch hier fast noch niemand erkrankt ist?
1. Corona ist gefährlich, weil... das Tempo der Ausbreitung gefährlich ist!
Wissenschaftler*innen können aus dem Verhalten des Virus und den Erfahrungen in
betroffenen Ländern schließen, dass sich die Infektion explosionsartig ausbreiten wird. Wir als Bevölkerung haben durch unser Verhalten in der Hand, ob sich diese Explosion langsamer
oder schneller ereignen wird. Es werden sich wahrscheinlich zwischen 60 und 80 Prozent der Bevölkerung infizieren.
Wird diese Ausbreitung in kürzester Zeit passieren und unsere Krankenhäuser schlagartig total überfordern? Oder bekommen wir es hin, dass sich die Ausbreitung bis in den Spätsommer hinzieht? Darum geht es. Um den Unterschied zwischen langsam und schnell an einem Beispiel zu verdeutlichen:
China hat derzeit ca. 70.000 Corona-Infizierte.
Wieviel Infizierte wären es, wenn China nicht sofort strenge Quarantäne-Maßnahmen
ergriffen hätte?
Es wären: 80 Millionen Menschen.
2. Corona ist gefährlich, weil.... es eine schwere und tödliche Erkrankung auslösen kann!
Zwei gute Nachrichten gibt es:
a) Kinder erkranken so gut wie nie, auch wenn sie infiziert sind.
b) Infizierte Erwachsene werden zu fast 90 Prozent nichts weiter erleben als ca. 5 Tage Krankheitsgefühle mit Husten und Fieber, davon werden sie sich 2-3 Tage richtig angeschlagen fühlen und danach zwei Wochen brauchen, um sich wieder ganz fit zu fühlen.
Drei schlechte Nachrichten gibt es:
a) Etwa 12 Prozent der Infizierten werden schwer erkranken, etwa 5 Prozent lebensbedrohlich – an einer beidseitigen Lungenentzündung mit schweren Atemproblemen. Sie werden ein Beatmungsgerät brauchen, und zwar jeweils um die 9 Tage, was sehr lang ist.
b) Wenn viele Menschen gleichzeitig erkranken, reichen die intensivmedizinischen
Kapazitäten unseres Gesundheitssystems nicht aus. Menschen werden kein Beatmungsgerät erhalten, die es bräuchten, um zu überleben.
c) Eine Reihe von Menschen werden leider trotz intensivmedizinischer Behandlung sterben. Je nach Altersgruppe werden das unterschiedlich viele sein. Die Todesrate beträgt im Schnitt, optimistisch gerechnet, 0,7 Prozent. Von 100 Infizierten stirbt also knapp ein Mensch.
Besonders gefährdet sind Menschen mit Vorerkrankungen (z.B. Bluthochdruck und andere Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Lungenleiden, Diabetes, Krebs; auch Raucher*innen sind stärker gefährdet).
Allerdings fällt die Gefährdung je nach Altersstufe sehr unterschiedlich aus. Für Kinder geht sie gegen Null – sie infizieren sich, werden aber kaum krank und sterben auch nicht. Für Menschen zwischen 50 und 60 Jahren beträgt die Rate etwas über 1 Prozent, also von 100 Infizierten in dieser Altersgruppe wird eine Person sterben.
Von den infizierten Menschen über 80 Jahren wird aber wahrscheinlich jede/r Fünfte bis jede/r Vierte sterben. Das ist eine sehr, sehr hohe Zahl!
Am Beispiel Berlin: Wie hart wird Corona die Berliner*innen treffen?
Auch wenn sich Menschenschicksale nicht in abstrakte Zahlen packen lassen – rechnen wir es für Berlin einmal aus:
Einwohnerzahl: 3.600.000 (3,6 Mio)
70 Prozent infizieren sich: 2.520.000 (ca. 2,5 Mio)
Von diesen erkranken 12 Prozent schwer: 302.400
5 Prozent geraten in einen lebensbedrohlichen Zustand: 126.000
0,7 Prozent der Infizierten sterben: 17.640
Das ist allein das Beispiel Berlin.
Zahllose andere Regionen und Städte kommen hinzu.
Dem stehen in ganz Deutschland derzeit 28.000 Betten in der Intensivmedizin gegenüber.
Ist dem Gesundheitssystem vorzuwerfen, es hätte doch schon lange für genug Personal und Ausstattung sorgen können und das Problem jetzt sei hausgemacht? Selbstverständlich wurde das Gesundheitssystem sträflich privatisiert und ausgehöhlt. Aber: Niemand hält in einer Stadt, selbst in einer so großen wie Berlin, gleichzeitig 302.400 oder 126.000 Betten in der Intensivmedizin vorrätig.
Sind all diese Zahlen hunderprozentig sicher?
Nein, es sind Schätzungen. Davon gibt es derzeit viele. Aber die meisten gehen in ungefähr diese Richtung.
Kann es sein, dass alles ganz anders kommt und völlig harmlos verläuft und sich als ein großer Irrtum herausstellt?
Das ist sehr unwahrscheinlich, wie ein Blick in den Iran, nach Italien, Spanien, Frankreich, Südkorea oder in die betroffenen chinesischen Gebiete zeigt. Sollte es doch so sein, dass:
sich diese Prognosen als übertrieben herausstellen, der Virus den Sommer nicht überlebt, die soziale Distanznahme so effektiv ist, dass alles hinterher wie ein Spuk erscheint, sollte plötzlich ein wirksames Medikament auftauchen oder ein Wunder geschehen – dann können wir uns sehr freuen. Aber weil wir das nicht wissen, ist jetzt erst einmal größtmögliche Vorsicht angesagt.
Was müssen wir als Gesellschaft jetzt tun?
Wenn wir jetzt schnell und radikal handeln, drückt das die Ausbreitungsgeschwindigkeit nach unten. Das ist extrem wichtig. Deshalb ergreift der Staat all diese Maßnahmen – Home Office, Schließungen von Clubs, Konzerthäusern, Schulen und so weiter. Man möchte, dass die vielen tausend Menschen nach und nach erkranken und nicht gleichzeitig. Dann können die Krankenhäuser die Kranken nach und nach durch die Behandlungen und Intensivstationen schleusen.
Wie explosionsartig sich der Virus ausbreitet, entscheidet sich tatsächlich jetzt in diesen Tagen – nicht erst in einigen Wochen. Wir müssen so weise sein, uns völlig ungewohnt zu verhalten, obwohl wir um uns noch nichts Schlimmes sehen können. Das ist eine Herausforderung an unser vorausschauendes Denken und unsere Umsicht. Wünschenswert wäre es, wenn der Höhepunkt der Erkrankungen erst im Spätsommer erreicht ist, weil es dann keine Grippewelle mehr gibt und weil das Medizinsystem bis dahin viel Zeit hätte, seine Kapazitäten zu erweitern.
Was müssen wir als Privatpersonen jetzt tun?
- Wir möchten uns selbst nicht anstecken.
- Wir möchten andere nicht anstecken.
- Wir möchten einander unterstützen.
Die Hygieneregeln kennen inzwischen alle, vor allem: sich auch zu Hause oft die Hände waschen, denn nicht nur der nahe Kontakt mit anderen Menschen enthält ein Infektionsrisiko, sondern auch der Kontakt zu Oberflächen aller Art, auch in der eigenen Wohnung. Deshalb: sich nicht und nie mehr ins Gesicht fassen, große Konzentration darauf!
Wir wissen nicht, wann wir ansteckend sind! Vielleicht sind wir es ja schon? Deshalb husten wir nicht in der Luft herum und fassen nicht alles an und waschen uns immer sofort die Hände, wenn wir irgendwo eintreffen.
Außerdem ist es wichtig, soziale Kontakte in geschlossenen Räumen und in körperlicher Nähe auf ein Minimum runterzuschrauben: kein Restaurantbesuch, kein Vortrag, keine Sportgruppe, keine Geburtstagsparty etcpp.. Das setzt der Staat gerade durch.
Insgesamt müssen wir jetzt etwas tun, das uns als Menschen furchtbar schwer fällt:
Wir müssen einander körperlich meiden. Ein Meter Abstand reicht nicht. Wir müssen uns ganz aus dem Weg gehen und in den kommenden Wochen möglichst all unseren Austausch mit anderen über Telefon, Internet, Videogespräch, Brief, Postkarte, Zuruf über den Balkon etc. pflegen. Natürlich leben wir in Familien und Lebensgemeinschaften. Mit diesen Menschen sind wir weiterhin körperlich nah. Ansonsten gehen wir körperlichen Begegnungen, insbesondere in geschlossenen Räumen und/oder wenn wir uns dabei naherücken müssten, so gut wie möglich aus dem Weg.
Als Gemeinschaften und Gemeinden sollten wir jetzt intensiv überlegen, wie wir einander tatkräftig und angemessen in den kommenden Wochen und Monaten unterstützen können. Es wird viele Wege geben, unser Leben und unsere Anliegen weiterzuführen – kreative, menschliche, spirituelle, politische Anliegen. Menschen sind zäh und erfindungsreich: Wir werden immer Wege finden, einander nah zu bleiben und uns um die zu kümmern, die aus dem Blick zu geraten drohen!
Als spirituelle Menschen oder gute Nachbarinnen und Nachbarn möchten wir Vorbilder sein: klar und klug handeln, andere mitziehen, sie ermutigen und nicht zulassen, dass sie in ein Drüber-Hinweg-Witzeln oder Leugnen oder eine falsche Besonnenheit gehen und sich in einer Weise verhalten, die für sie selbst und andere gefährlich ist. Humor ist schön – aber mit Umsicht und Konsequenz in der Sache.
Ja, wir werden in den kommenden Wochen und vielleicht sogar Monaten traurig sein, manchmal einsam, werden Ungeduld spüren, ungehalten sein, mit unseren Haushaltsmitgliedern streiten, uns zeitweise aus der Bahn geworfen fühlen. Das ist alles besser, als nicht mehr zu leben oder einem Massensterben beizuwohnen!
Welche Krankheitssymptome spüre ich bei einer Infektion und was soll ich dann tun?
Generell: Ältere Menschen können vorbeugen, indem sie sich gegen Grippe impfen lassen, damit nicht beide Erkrankungen gleichzeitig auftreten. Empfohlen werden außerdem die Impfung gegen Keuchhusten und Pneumokokken, denn: Wenn man mit dem Coronavirus infiziert ist und einen schweren Verlauf hat, können diese beiden Erreger heftige zusätzliche Probleme verursachen.
Trockener Husten und Fieber – das sind die Symptome einer Corona-Infektion.
(Grippe hat starke Müdigkeit, Corona eher weniger. Erkältung hat kein Fieber, Corona macht Fieber.)
Wenn wir diese Symptome spüren – trockener Husten und Fieber – rufen wir unsere Hausärztin, unseren Hausarzt an und geben Bescheid. Als Berliner*innen können wir auch die Hotline der Berliner Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung anrufen. Täglich zwischen 8 und 20 Uhr beraten Fachleute am Telefon Menschen, die befürchten, sich angesteckt zu haben und erklären das weitere Vorgehen bei einem Verdacht. Erreichbar sind die Expert*innen unter der Telefonnummer (030) 9028 2828. Für andere Regionen wird es andere Hotlines geben.
Allerdings:
Sowohl Hausärztin/Hausarzt wie Hotline werden vielleicht schwer oder gar nicht zu erreichen sein.
WICHTIG IST: Wir eilen dann nicht zur Notaufnahme ins Krankenhaus, denn die Wahrscheinlichkeit, dass alles harmlos verläuft, ist sehr hoch! Wir möchten die Gesundheitssysteme nicht blockieren für diejenigen, die ernsthaft erkrankt sind.
Bei Krankheitsgefühlen sind wir deshalb vor allem selbst gefragt! (Viele Ausrufezeichen)
• Wer trockenen Husten und Fieber hat, stellt sich selbst unter strenge häusliche Quarantäne – 7 oder besser noch 9 Tage lang.
• Alle, die zum Haushalt der/des Betroffenen gehören, stellen sich ebenfalls selbst unter häusliche Quarantäne, und zwar 14 Tage lang.
Wie gesagt: Die Wahrscheinlichkeit ist sehr hoch, dass die Sache mit ein paar Tagen Krankheitsgefühlen völlig unproblematisch erledigt ist!
Uns eigenverantwortlich selbst zu isolieren, wenn wir trockenen Husten und Fieber haben, ist
eine EXTREM WICHTIGE Verhaltensweise, um die Ausbreitung zu begrenzen!
Wer starke Atemnot bekommt, erleidet leider einen schweren Verlauf, hat möglicherweise schon eine Lungenentzündung und braucht dringend medizinische Hilfe und Versorgung.
Dann heißt es, sich umgehend in ein Krankenhaus begeben!
Der veröffentliche Text "Corona eine Handreichung" wurde am 20. März 2020 über die Deutsche Buddhistische Union, www.buddhismus-deutschland.de, an die DBU-Mitglieder verschickt - die Inhalte beziehen sich auf den zu dem Zeitpunkt aktuelle Kenntnisstand. Wir bedanken uns bei der Autorin Susanne Billig und der DBU für die Möglichkeit, diesen aus unserer Sicht hilfreichen Text veröffentlichen zu dürfen.
Die Autorin: Susanne Billig
Susanne Billig ist Wissenschaftsjournalistin und Autorin. Ihr publizistischer Schwerpunkt liegt auf umwelt- und gesundheitspolitischen Themen und den Schnittstellen zwischen Natur- und Kulturwissenschaften.
Susanne Billig hat als Buchautorin mehrere Romane und Drehbücher geschrieben. Sie erhielt verschiedene Förderungen und Stipendien. Der Kinofilm “Verfolgt”, der nach ihrem Drehbuch entstand, erhielt auf dem Filmfestival in Locarno einen Goldenen Leoparden.
Unter der Bezeichnung "Heilnetz-Beitrag" werden Audios, Videos und Wortbeiträge von Heilnetz-Anbieter:innen veröffentlicht. Sie bereichern die Redaktion auf natürlich-ganzheitliche Art und Weise. Diese folgen dem journalistischen Pressekodex, basieren jedoch unter Umständen auf persönlichen Haltungen und Einstellungen der Autor:innen, die nicht unbedingt mit denen der Heilnetz-Redaktion übereinstimmen - gerade das macht die Vielfalt und den Reichtum aus.