" Meist behandle ich im Wohnzimmer..."

Persönlichkeiten aus der Region: Susanne Bickerton

Susanne Bickerton, Heilpraktikerin aus Bielefeld, hat mit einer solchen Anfrage kein Problem, denn sie hat sich vor Jahren schon entschieden, auch Menschen mit Handicaps in den Genuss einer ganzheitliche Fußreflexzonenbehandlung kommen zu lassen.

CD: Wie bitte kamst Du auf die Idee, neben eher recht gut situierten und naturheilkundlich bewanderten MittelschichtlerInnen, also dem klassischen Heilpraktiker-Klientel, zusätzlich Menschen in Bethel zu behandlen?
Susanne Bickerton: Eine Kollegin, Undine Bruning, die damals noch als Podologin in Bethel arbeitete, sprach mich an. Ich war erst etwas bedenklich, ob ich wohl kompetent genug wäre - aber im Nachhienein muss ich sagen, ist es völlig klar, dass gerade ich dort arbeite. Ich war schon als Kind und Jugendliche über mein Pfadfinder-Engagement regelmäßig in Bethel - mir war der Umgang mit behinderten Menschen daher vertraut und, ganz klar, sehr lieb!

CD: Wer entscheidet denn, ob eine Fußreflexzonenbehandlung "gebucht" werden soll? Können das Deine KleintInnen dort selbst?
Susanne Bickerton: Nein, das könen sie nicht - die Vermittlung lief damals und auch heute noch über die sehr engagierten MitarbeiterInnen in den den Wohngruppen. Es gibt dort teilwesie eine große Offenheit, den Betreuten auch ungewöhnliche Behandlungen zu "besorgen", Fußreflexzonenbehandlung ist eine davon und eigent sich sehr sehr gut.

CD: Wie unterscheidet sich eine normale Behandlung von einer dort? Gibt es überhaupt Unterschiede?
Susanne Bickerton: Oh ja - sehr. Zunächst haben die Menschen meist mit sehr starken Verformungen des Bewegungsapparates, vor allem des Rückens zu tun - das spiegelt sich eineutig am Fuß wider. Die Innseite beispielsweise ist häufig verfomrt und weit entfernt von der physiologischen Grundform.
Außerdem reagieren die Menschen anders: Sie geben kein eindeutiges Feedback im Sinne von "Das tut mir jetzt aber gut." oder "Kannst Du mal an dieser Stelle fester drücken."
Eher werden sie unruhig und zappelig, wenn der Impuls zu stark ist - oder sie ziehen einfach die Füße weg - oder sie dösen entspannt vor sich hin und lassen vollkommen los...

CD: Wie soll ich mir einen typischen Behandlungstag vorstellen?
Susanne Bickerton: Ich bin meist an zwei Nachmittagen dort - in der Zeit zwischen Mittagspause und Abendbrot. In der Wohngruppe im Haus Jabbok leben 10 Menschen miteinader - sie haben jeweils ein eigenes Zimmer und teilen ein gemeinsames Wohnzimmer, in das ich immer zuerst gehe.
Und das ist wirklich schön: Die meisten freuen sich so sehr, wollen extra und ausgiebig begrüßt werden und einer, Gustav, sitzt immer schon mit nackten Füßen auf seinem Bett. Da er Autist ist sind solche eindeutigen Freudenäußerungen nicht so unbedinbgt der Standard....
Manchmal behandle ich dann auch im Wohnzimmer - jedenfalls wenn nicht zu viel los ist
...

CD: Auf dem Sofa? Oder bringst Du eine Liege mit?
Susanne Bickerton: Die Menschen sitzen auf dem Sofa, im Sessel oder dem Bett - ich habe ein Meditatiuonskissen und sitze dann quasi zu ihren Füßen - wobei manche natürlich auch bettlägerig sind, dann sitze oder stehe ich entsprechend im oder am Bett.

CD: Wenn du sprichst hört es sich an, als würdest Du diese Arbeit sehr mögen...Stimmt das?
Susanne Bickerton: Ja, ich fühle mich in dieser Art von Kontakt sehr wohl - es gibt keinen Druck und es ist immer sofort deutlich, wie sehr die Menschen die Behandlung genießen.

CD: Wer bezahlt Dich denn eigentlich - und wie ist das Ganze organisiert?
Susanne Bickerton: Die Grundidee, für wen die Fußreflexbehandlung geeignet sein könnte, wird von den MitarbeiterInnen im Team entwickelt. Dann wird besprochen, wie oft eine Behandlung sinnvoll und vor allem auch ob und wie diese bezahlbar ist. Diese Infos bekomme ich dann, außerdem die Grund-Diagnose und spezielle Hinweise zur Behandlung. Alles weitere organisiere ich dann völlig frei selbst - und das macht auch so viel Freude daran. Ich erstelle die Pläne, behandle in den angemessenen Rhythmen und alle fühlen sich rundherum wohl damit.
Natürlich kann ich die chronischen Leiden nicht behandlen - aber die muskuläre und vegetative Entspannung ist Gold wert - und manchmal kann ich natürlich auch bei akuten Zuständen wie einer Erkältung hilfreich sein.

Dieses angenehme und inspirierende Gespräch mit Susanne Bickerton hat mich mit einer schon lange gehegten Idee in Kontakt gebracht: Gute Medizin für alle muss sein!
Und zu "Guter Medizin" gehört sicher die Naturheilkunde, ganz sicher überhaupt ein ganzheitlicher Ansatz.
Mal sehen, ob wir im Rahmen von Heilnetz ein solches Zukunfts-Herzens-Projekt in die Welt bringen können - irgendwann demnächst.

Vielen Dank an Susanne Bickerton und, unbekannterweise, an alle so offenen und engagierten MitarbeiterInnen in Bethel, die ein solches Tun ermöglichen.

Susanne Bickerton
Bahnhofstr. 48
33602 Bielefeld
0521-3271619