Nichts wird von alleine gut
Warum wir eine neue Definition von Hoffnung brauchen
„Hoffnung ist ein Tu-Wort“ – dieser banale, beinahe infantil anmutende Satz bringt eine der Grundaussagen des Buches auf den Punkt. Hoffnung ist nach dieser Lesart nämlich keine weltfremde Träumerei von einem besseren Leben, kein Wunschkonzert, sondern eine durchaus handfeste und aktive Art, hoffnungsvoll-lebendig in der Welt zu sein.
Hoffnung neu definieren
Politikwissenschaftlerin und Moderatorin Christiane Stenger und der Autor und Texter Stephan Phin Spielhoff haben das "Prinzip Hoffnung" auf ganz verschiedene Art und Weise untersucht - sie schauen auf historische Hoffnungsbegriffe, erläutern, was die Neurowissenschaft zu hoffnungsvollem Denken zu sagen hat, sie durchstreifen politische, philosophische, soziologische und sehr persönliche Gefilde auf der Suche nach einem Hoffnungsbegriff, der heute dazu taugt, nicht vollends zu verzweifeln.
Sie beleuchten Hoffnung, fragen nach Sinn und Kontext, geben zu bedenken, dass die Zeiten wenig Anlass zum Hoffen geben und landen doch immer wieder bei einer Hoffnungs-Variante, die gerade deshalb Grund zum Hoffen gibt.
Schritt 1: Die Hoffnung aufgeben
Das liest sich seltsam; wie sollen wir der Hoffnung eine Chance geben, wenn wir sie aufgeben? Naja, aufgeben sollten wir den Autor:innen nach eher den weit verbreiteten Wunsch, von allen Krisen unbeschadet davonzukommen. Aufgeben sollten wir den Versuch, den bedrohlichen Ereignissen unserer Zeit durch Leugnen auszuweichen. Aufgeben sollten wir den Wunsch, unsere gesamte Energie in unser kleines individuelles Glück zu stecken und dabei zu ignorieren, wie Klimakrise und Kriege die Menschheit und darüber hinaus den gesamten Planeten bedrohen.
Die Hoffnung aufzugeben heißt, den zutiefst verständlichen aber zutiefst unrealistischen Wunsch aufzugeben, die Welt möge sich doch irgendwie ganz ohne unser eigenes Zutun zum Besseren wenden.
Hoffnung und Positives Denken sind in dieser Definition nicht einmal entfernt miteinander verwandt, sondern eher Gegensätze, Gleiches gilt für Hoffen, Optimismus und das gute alte Wünschen aus dem Märchen. Hoffnung ist ihrer Meinung nach nichts, was wir für uns selbst ganz allein haben können, Hoffnung ist ihrer Meinung nach immer mit einem „Wir“ verbunden – während positives Denken und Wünschen doch eher auf das eigene Wohlbefinden in naher oder ferner Zukunft gerichtet ist.
Schritt 2: Hoffnung leben
Hoffnung ist das, was uns verbindet – wir alle wünschen uns eine lebenswerte Zukunft, niemand entscheidet sich freiwillig dafür, in den Krieg zu ziehen. Es sind die Narrative unserer Zeit, die ökologische Krise, Krieg und politische Unruhen ermöglichen und fortschreiten. Narrative, die wir gemeinsam ändern können und müssen.
Zu Wort kommen (= prägnant zitiert und dadurch sehr gut verständlich) in diesem Zusammenhang Philosophen aus der Antike, der Aufklärung und natürlich Zeitgenoss:innen von Hesiod über Kant und Schopenhauer bis Bloch, Joanna Macy oder Byung-Chul Han, um nur eine kleine Auswahl zu nennen. Immer geht es darum, ob der Begriff taugt, gute ethische Entscheidungen über das eigene kleine Wünschen hinaus zu treffen und immer geht es darum, aus der Abstraktion in Aktivität zu kommen.
Nach dieser Lesart heißt Hoffnung leben zu konstatieren, dass wir ängstlich, verzweifelt und ratlos sind. Und dass wir es sind, die entscheiden, welchen Schritt wir aus diesen Zuständen hinaus gehen wollen.
Schritt 3: Gemeinsam handeln
Die Autor:innen konstatieren dabei auf klare Art und Weise: Eine bessere Welt ist möglich, weil wir Menschen sind, die das wollen können. Und weil es überall auf der Welt schon so viele aktiv Hoffende gibt, die in kleinem Rahmen beginnen, der Welt von Morgen ein hoffnungsvolles gutes Gewürz zu geben. Ganz ohne blinden Aktivismus.
Einer der größten Reichtümer des Buches ist die Fülle an hoffnungsvollen Impulsen, Zitaten, Ideen und Inspirationen – wer sich dem Hoffen lesend hingibt, kann gar nicht anders, als die Welt mit anderen Augen zu sehen.
Das Buch macht Mut, es liest sich leicht, obwohl es voller tiefgreifender philosophischer Weisheit steckt, es ist Kapitel für Kapitel gut verdaulich, unter anderem auch, weil die Essenzen am Kapitelende als Statements prägnant zusammengefasst werden.
Bitte lesen, Hoffnung aufgeben und mit neuem Mut gemeinsam in eine hoffnungsvolle Zukunft gehen.
Christiane Stenger & Stephan Phin Spielhoff
Nichts wir von alleine gut
Warum wir eine neue Definition von Hoffnung brauchen, um die Krisen zu meistern
Goldmann
18,00 €
9 78-3-442-18030-1
Podcast Hallo Hoffnung
Du willst mehr Hoffnung? Dann kannst du den inspirierenden Podcast der beiden hören, der dem Buch vorausgegangen ist: