Rosskastanie - Heilpflanze und Öko-Waschmittel
Geschenke der Natur: Die Kastanie
Als Kind sammelte ich in der Herbstzeit mit Begeisterung Kastanien, um daraus Figuren zu basteln, die anschließend die Fensterbank unseres Kinderzimmers eroberten. Heute sehe ich diese wunderbare Baumfrucht mit etwas anderen Augen.
Kastanie – Inspiration und Heilung
Sie erstrahlt in wunderbarem Kastanienbraun, fühlt sich angenehm glatt und weich an. Ihre vielfältigen Formen und Maserungen inspirieren zu kindlicher Bastelei bis hin zu beeindruckender Kunst und Lyrik. Die Rosskastanie fasziniert die Menschen bereits seit Jahrhunderten und hat so manchen Forschergeist geweckt. So entdeckte ein französischer Arzt 1896 die Heilwirkung einer Tinktur aus den Kastaniensamen, die gegen Hämorrhoiden hilft. Daraus resultierten weitere Erkenntnisse zur Wirksamkeit der Kastanie auf das gesamte Gefäßsystem und die Venen (Pahlow 1989).
Die Extrakte aus den Samen der Rosskastanie dienen aber nicht nur der Behandlung von venösen Stauungen sowie starken Menstruationsschmerzen, sondern sollen auch bei Fettleibigkeit und Durchfall helfen. Äußerlich soll die Kastanie auch bei Warzen angewandt werden können sowie als Sonnenschutz fungieren. In der Homöopathie kommen die geschälten Baumfrüchte sowohl bei Hämorrhoiden und Unterschenkelgeschwüren zum Einsatz als auch bei Katarrhen im Nasen- und Rachenraum.
Arzneipflanze des Jahres 2008
Dem breiten Spektrum an Behandlungsmöglichkeiten und Heilmitteln entsprechend wurde die Rosskastanie vom "Studienkreis Entwicklungsgeschichte der Arzneipflanzenkunde" der Universität Würzburg zur Arzneipflanze des Jahres 2008 gekürt. Ob die braune Baumfrucht allerdings auch, wie in Kräuterbüchern aus dem 16. Jahrhundert erwähnt, bei der Behandlung rheumatischer Beschwerden helfen kann, ist umstritten. Vielleicht beruhigt es manche Menschen einfach - wie früher auch meine Großmutter - drei Kastanien bei sich zu tragen und sanft durch die Finger gleiten zu lassen, um die Schmerzen im Kreuz zu lindern.
Kastanie als Mehlersatz
Neben ihrer heilenden Wirkung kann die Rosskastanie ähnlich wie die heimische Eichel auch als Mehlersatz dienen. Dass die Frucht aber auch Dank der in ihr enthaltenen Saponine (lat. sapo = Seife) als Waschmittel eingesetzt werden kann, scheint weniger bekannt zu sein.
Mit Kastanien waschen
Wem bisher die indische Waschnuss als alternatives Waschmittel diente, der sollte vielleicht der heimischen Rosskastanie den Vorzug geben. Denn erstens muss die Waschnuss erst um die halbe Welt reisen, um in unserer Waschmaschine zu landen, und zweitens schnellen die Preise für Waschnüsse in Indien aufgrund der hohen Nachfrage immer mehr in die Höhe, sodass dort vermehrt auf günstigere, chemische Waschmittel zurückgegriffen werden muss. Eine Katastrophe mit fatalen Folgen für bestimmte Regionen Indiens, in denen es an Kläranlagen fehlt.
Saubere, frisch duftende Wäsche
Das Wäschewaschen mit Rosskastanien gestaltet sich denkbar einfach. Zunächst müssen ungefähr fünf Kastanien zerkleinert mit 250 ml kochendem Wasser aufgegossen werden und über Nacht (mindestens aber zwei Stunden) ziehen. Anschließend wird die milchig schaumige Flüssigkeit abgegossen und zur Wäsche in die Waschmaschine gegeben. Werden dem Sud noch drei Esslöffel Soda beigemischt bevor es in die Waschmaschine kommt, verstärkt das Öko-Waschmittel seine Waschkraft. Die Waschflüssigkeit der Rosskastanie sollte allerdings nicht länger als zwei Tage stehen, da sie sonst anfängt, unangenehm zu riechen.
Das umweltverträgliche Waschmittel eignet sich für Bunt-, Koch, Woll- und Feinwäsche bei Waschgängen von 30 bis 90 °C. Leicht verschmutzte Wäsche wird bei 30 °C gewaschen sichtlich sauber und duftet angenehm frisch. Stark verschmutzte Wäsche mit hartnäckigen Flecken sollte gegebenenfalls vorher extra behandelt werden. Übrigens – auch Haarshampoo und Duschgel können auf die oben beschriebene Weise hergestellt werden.
Doch auch mit diesem natürlichen Waschmittel sollte ein achtsamer Umgang gepflegt werden. Denn Saponine wirken in sehr großen Mengen ähnlich wie Tenside. Da bisher allerdings nur wenige Menschen mit Kastanien waschen, dürfte die in die Umwelt gelangende Menge an Saponinen noch unbedenklich sein, zumal Kläranlagen diese Stoffe auch entfernen. Sollte das Waschen mit Kastanien jedoch irgendwann boomen, wären weitere Analysen nötig.
Rosskastanien sind nicht das einzige Pflanzenwaschmittel, das umweltverträglich wäscht. Auch Seifenkraut und Bohnenwasser enthalten waschaktive Seifenstoffe und dienen ungesalzen der milden Reinigung.
Ein Artikel von
Martina Seifert
33617 Bielefeld
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