Über Toleranz und deren rasantes Einknicken
Lebens! Kunst! Facetten
Von Maria Ast, Persönlichkeitscoach
In meinem ersten Lebens-Kunst-Facetten-Artikel ging es um WERTE allgemein. Heute soll es um einen gehen, der mir – und vielleicht auch Ihnen – viel Wert ist: die Toleranz bzw. deren zügiges Einknicken meinerseits.
Wikipedia definiert Toleranz so: Toleranz, auch Duldsamkeit, ist allgemein ein Geltenlassen und Gewährenlassen fremder Überzeugungen, Handlungsweisen und Sitten Gemeint ist damit heute häufig auch die Anerkennung einer Gleichberechtigung unterschiedlicher Individuen.
Soweit, so gut, dem kann zumindest ich gut zustimmen. Zudem halte ich mich für einen mittlerweile ziemlich toleranten Menschen – bedingt durch sowas wie Altersmilde und nicht zuletzt durch meinen Beruf. Hätte ich da nicht eine sehr große Toleranzspanne, könnte ich m.E. gar kein Coach sein.
Was uns viel wert ist , das geben und leben wir u.a. unseren Kindern wie KundenInnen vor. In diesem Fall die Einstellung zur Toleranz: Verurteile nicht gleich, versuch dich erst mal in den anderen hineinzuversetzen, halte aus, dass jemand andere Ansichten, Vorgehensweisen, Werte!, Umgangsformen hat. Und, wenn du sie schon nicht tolerierst, dann versuch es erst mal mit akzeptieren.
Dieser Wert scheint zügig an seine Grenzen zu stoßen, wenn es um die eigene Brut, Firma, Partner, Bequemlichkeit, Geldbeutel, alles, was oder wer einem nahe steht, geht. Beispiel gefällig: Hier eins aus eigener Praxis – Ähnlichkeit mit anderen Leserinnen/Lesern rein sind rein zufällig.
Ich gestehe, ich bin kein Freund von Castingshows. Ich habe den Eindruck, irgendwer benutzt die Personen und führt sie gnadenlos vor, um sich selbst zu bereichern und die Kandidaten hernach im Misserfolgs- oder Erfolgsregen alleine stehen zu lassen. (Sie sind doch jetzt hoffentlich so tolerant zu akzeptieren, dass ich Castingshows nicht mag?).
Nun rief kürzlich mein erwachsener Sohn an und eh ich mich versah, kam ich innerhalb von Sekundenbruchteilen schwer ins Trudeln mit meinem Eigenanspruch ana Toleranz. Er sagte fröhlich: „So, ich muss jetzt auflegen. Ich muss gleich noch zu einem Casting.“ Spontanes Entsetzen. In meinem Kopf ruderten die Werte und Gedanken durcheinander: Das kann doch nicht sein! Mein Sohn zu einem Casting! Neverever! Andererseits: Er ist erwachsen. Er kann tun und lassen, was er will. Ich werde das tolerieren. Jawoll! Obwohl… das kann doch nicht wahr sein!
Nach einer Weile fragte ich gepresst nach: „ Zu welchem Casting denn?“ Er:“ Schaue mir gleich ‚ne Wohnung an. Das nennt man heute Casting, Mum. Wusstest du das nicht?“ Nein, wusste ich bis dato nicht. Ein Seufzer der Erleichterung entfuhr mir. Ein bisschen ‚altersdumm’ dazustehen, damit kann ich, scheint’s, besser leben, als mit einem Sohn – Toleranz hin oder her – der sich auf eine bestimmte Art einer breiten Öffentlichkeit präsentiert oder ausgesetzt hätte.
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Und Sie? Erinnern Sie eine Situation, in der Ihre Toleranz schwer ins Wanken geriet? Wenn ja: Warum war dem so? Welcher Ihrer anderen Werte wurde dadurch bedroht? Oder welcher dadurch sicher gestellt?
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