(Un)kräuter – heilsam und gesund

Von der Brennnessel bis zur Wildrose

4. Mai 2023 von Martina Seifert

Die Natur schenkt uns zahlreiche (Un)kräuter. Mehr als 1.500 Kräuter, die in unserer Region zu finden sind, gelten gemeinhin als Unkraut. Viele davon verfügen über Heilkräfte, verfeinern unser Essen und sind sehr vitamin- und mineralstoffreich.

Unkraut ist eines dieser zahllosen Un-Wörter. Die Vorsilbe „un“ kehrt das Wort „Kraut“ kurzerhand in seiner Bedeutung um. „Un“ funktioniert wie eine Negation. Trotzdem: Unkraut ist Kraut, und zwar ein Kraut, das es in sich haben kann! Viele Unkräuter sind eine echte Bereicherung für die Speisekarte, eignen sich bestens für Tees oder Smoothies und haben teilweise sogar heilende Wirkung.

Große Brennnessel – ein würziges Unkraut

Ein Unding also, pauschal von Unkraut zu sprechen. Nehmen wir nur die Brennnessel. Als Kind lernten wir bereits, das Kraut mit den hautreizenden Eigenschaften tunlichst zu meiden. Dabei ist die Brennnessel ein sehr gesundes Kraut, das neben Vitamin C viel Calcium und Eisen enthält. Zudem schmeckt das Gewächs sehr gut. Schon Hippokrates wusste um die Heilkraft der Brennnessel und empfahl sie zur Leib- und Blutreinigung. Im Mittelalter wurde dem Kraut nachgesagt, dass es die Liebesfähigkeit steigere, äußerlich und innerlich angewandt.

Brennnessel als Heilpflanze

Heutzutage werden Brennnesselblätter zum Tee aufgebrüht, der als Hausmittel zur Entschlackung und Anregung zum Einsatz kommt. Brennnesseltee soll Leber und Galle entgiften und den Stoffwechsel in Schwung bringen. Da die Brennnessel Flavonide enthält, werden ihr zudem schmerz- und entzündungshemmende Eigenschaften nachgesagt, – zum Beispiel bei Gelenkerkrankungen (Arthrose) oder Rheuma (Arthritis). Aufgrund der harntreibenden Wirkung wird Brennnesseltee auch bei Blasenentzündung als Hausmittel angewendet. Außerdem soll der Tee als Gesichtswasser gegen Hautirritationen wirken, Magen- und Menstruationsbeschwerden lindern, den Blutdruck senken und das Immunsystem stärken.

In der Brennnessel liegt die Würze

Abgesehen von ihrer heilsamen Wirkkraft schmeckt das Kraut mit feinwürzigem Aroma auch hervorragend – z. B. als Füllung für Pasta, als Bratling, in der Suppe oder im Salat. Dabei werden vorzugsweise die jungen Triebspitzen verwendet, also die oberen Blätter. Frisch geerntete Brennnesseln schmecken natürlich am besten und verfügen über die meisten Nährstoffe. Wer das Kraut nicht direkt nach der Ernte, sondern später verwenden möchte, kann es auch einfrieren oder trocknen.

Auch der Brennnesselsamen, der von Juli bis August geerntet und anschließend bei weniger als 40 Grad sanft getrocknet wird, schmeckt lecker und eignet sich sowohl als Gewürz für Salate und Suppen als auch als wertvolle pflanzliche Proteinzugabe für Frischkäse, Quark, Müsli oder Smoothie. Um reines Pulver zu erhalten, werden die Samenbüschel nach dem Trocknen durchgesiebt.

Sammeln und ernten der Brennnessel

Es versteht sich von selbst, dass wir unsere Hände und Arme beim Pflücken und der Verarbeitung mit Gartenhandschuhe schützen. Wer allerdings weniger empfindlich ist, kann die Pflanze bei der Ernte auch mit einer Hand fest am Stängel anfassen und die Triebspitzen mit der anderen vorsichtig abschneiden, denn bei der Brennnessel brennen nur die feinen Härchen an der Unterseite der Blätter, die ihre hautreizende Wirkung bereits beim Waschen, spätestens aber beim Blanchieren verlieren. Damit die Pflanzen auch wieder nachwachsen können, sollten die Blätter behutsam mit einem kleinen Messer oder einer Gartenschere abgeschnitten werden. Von April bis Oktober, – vorzugsweise vormittags, – können wir an vielen Plätzen der Natur die Brennnessel ernten, sei es im eigenen Garten, an Wegrändern, Flussufern oder im Wald und auf Wiesen.

Weiße Taubnessel – die Köstliche

Der Brennnessel täuschend ähnlich sieht die Weiße Taubnessel (Lamium album). Sehen wir aber genauer hin, fallen die weißen Blüten auf, die sich um den vierkantigen Stängel reihen und deren Süße vielen aus Kindertagen bekannt sein dürfte. Aber nicht nur Kinder saugen wegen ihres süßlichen Geschmacks gerne an den Blüten. Auch Bienen fühlen sich von den rachenförmigen Blüten angezogen, – daher ihr volkstümlicher Name „Bienensaug“ und „Bienenfang“.

Die Taubnessel blüht vom Herbst bis ins Frühjahr und auch wieder im Frühsommer, wenn sie zeitig zurückgeschnitten wird. Nach einem milden Winter kann sie sogar im Januar blühen. Die Pflanze gehört nicht wie die Brennnessel zu den Brennnesselgewächsen, sondern zur Familie der Lippenblütler, zu denen unter anderem Basilikum, Bohnenkraut, Katzenminze, Lavendel, Majoran, Oregano, Pfefferminze, Rosmarin, Salbei, Ysop und die Zitronenmelisse zu zählen sind. Sie brennt nicht, sie ist sozusagen taub, – daher ihr Name.

Taubnessel als Heilkraut

Bereits im Mittelalter empfahlen Heilkundige den Tee getrockneter Taubnesseln, der auch heute noch in Apotheken angeboten wird. Hildegard von Bingen empfahl die Taubnessel als Heilmittel für spezifische Frauenleiden. Bis Ende des Mittelalters galt die Taubnessel als reine Frauenpflanze, um danach auch in der Heilkunde bei Männern Verwendung zu finden.

Alle der etwa 30 Taubnessel-Arten können als Heilpflanze oder Wildgemüse in der Küche genutzt werden. Sowohl die Blüten als auch die Blätter, getrennt oder auch gemischt, kommen zudem als Heilmittel zum Einsatz, vereinzelt auch die Wurzeln. Die Blüten enthalten zahlreiche ätherische Öle, Flavonoide und Saponine. Als Anwendungsgebiete gelten neben Frauenleiden wie Menstruationsbeschwerden Erkrankungen der ableitenden Harnwege und Nieren sowie Katarrhe der oberen Luftwege und Magen- und Darmbeschwerden. Die üblichste Darreichungsform ist ein aufgebrühter Tee oder eine Tinktur. Auch für Spülungen oder Sitzbäder wird die Taubnessel empfohlen.

Taubnessel – geschmackvoll und gesund

Als Speisezutat erweist sich die Taubnessel als wahre Bereicherung und ist zudem noch gesund, da sie zahlreiche Mineralstoffe wie Magnesium und Kalzium enthält. Das Kraut kann für Salate, Suppen, Risotto, Aufläufe, als Beilage zu Fleisch oder Fisch und als Pesto verwendet werden, sollte aber immer nur kurz angedünstet werden, da es sonst sein Aroma und auch die wertvollen Wirkstoffe verliert.

Heckenrose – die Duftige

Der Name der Heckenrose oder Wildrose, Rosa gallica officinalis, weist darauf hin, dass die Pflanze seit jeher in der Heilkunde genutzt wurde. Bereits in der Antike wurden in der Volksmedizin alle Bestandteile der Rose verwendet. Plinius der Ältere (1. Jh.) nannte mehr als 32 Krankheiten, zu deren Behandlung die Rose eingesetzt wurde. In der Landgüterverordnung Karl des Großen ist die Hundsrose als Heilpflanze aufgeführt. Hildegard von Bingen beschrieb die Heilwirkung der Rose folgendermaßen: „Sammle die Rosenblätter bei Tagesanbruch und lege sie über die Augen, sie machen dieselben klar und ziehen das ‚Triefen‘ heraus.“ Außerdem galt die wilde Heckenrose im Mittelalter den Rittern als einfaches Heilmittel, um die Gesundheit zu erhalten oder auch leichte Krankheiten schnell auszukurieren.

Die Vorteile der Wildrose gegenüber den Kulturrosen ist ihr intensiver Duft, ihre Widerstandskraft und dass sie vielen Tieren und Insekten Nahrung bietet. Außerdem schmücken Wildrosen mit ihren Früchten, den Hagebutten, in der kalten Jahreszeit die Natur. Insbesondere Vögeln dienen diese während des Winters bis in den Frühling als wertvoll Nahrung.

Wildrose als Heilpflanze

Die Wildrose gehört zu der Familie der Rosengewächse. Nicht nur die Hagebutte, deren Qualitäten die meisten von uns bereits als Speise, Tee oder Heilpflanze zu schätzen wissen, hat es in sich, auch die Blüten sind essbar und verfügen über heilsame Kräfte. Ein Tee aus Blütenblättern soll nicht nur die Nerven stärken, sondern auch bei Blutungen, Hämorrhoiden und Durchfall für Linderung sorgen. Äußerlich angewendet wirkt ein Tee aus Rosenblättern auch sehr wohltuend bei gestresster und irritierter Haut. Hier kommen die ätherischen Öle der Rose zum Tragen. Außerdem weiß die wilde Rosenblüte mit ihrem betörenden Duft, der sich in wunderbaren Geschmack verwandelt, so manche Speise zu verzaubern.

Die Früchte der Heckenrosen sind regelrechte Vitamin C-Bomben. 100g enthalten 800 mg Vitamin C. Auch in den getrockneten Hagebutten bleibt das Vitamin längere Zeit erhalten. Zusammengefasst können Blütenblätter und Früchte bei folgenden Beschwerden bzw. Krankheiten eingesetzt werden: Bronchitis, Durchfall, Erkältung, Fieber, Gastritis, Gelenkerkrankungen wie Rheuma und Gicht sowie Grippe, Harninkontinenz, Nierenschwäche und Steinleiden. Aus den Kernen der Hagebutte wird das sogenannte Hagebuttenöl hergestellt, eines der wirksamsten Pflanzenöle zur Pflege von Haut und Haar. Wild Rose gehört auch zu den Bachblütenessenzen. Sie stärkt die Hoffnung und Lebensfreude.

Achtsames Ernten und Sammeln

Bei jeder Wildernte ist zu beachten, dass Unkräuter wilden Tieren und Insekten eine wichtige Nahrungsquelle bieten. Sammeln Sie entsprechend nur die Kräuter bzw. Unkräuter, die Sie wirklich benötigen und zudem eindeutig zuordnen können. Orientierung bieten Ihnen Internetseiten wie Pflanzenbestimmung.info und Gartendatenbank.de mit vielen Informationen und Fotos zu Wild- und Heilkräutern. Für Ihr Handy finden Sie im App Store oder bei Google Play ebenfalls geeignete kostenfreie Apps rund um das Thema Wild- und Unkräuer für Ihr Handy. Achten Sie auch darauf, fernab von befahrenen Straßen Kräuter zu sammeln, falls Sie diese nicht im eigenen Garten schneiden. Ungedüngte Wiesen und Orte, wo möglichst wenig Hunde unterwegs sind, eignen sich am besten.

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