Wissenschaft, die Wissen schafft

Neues aus der Forschung: Wissenschaftstheorien

An der Viadrina Universität in Frankfurt/ Oder wurde kürzlich eine Masterarbeit zu einem scheinbar unwissenschaftlichen Thema, nämlich zu Telepathie, geschrieben, die prompt dazu geeignet war, die Hüter der Wissenschaft in Verzweiflung zu stürzen. Die gute Nachricht daran?

Dass es an der Universität Viadrina ein eigenes Institut für transkulturelle Gesundheitswissenschaften gibt, an dem es ausdrücklich erlaubt ist, sich mit kontrovers diskutierten Themen innerhalb der Komplementärmedizin zu beschäftigen.
Dort können Phänomene erforscht werden, die an einer normalen medizinischen Fakultät eher (noch) nicht die Chance hätten, zum Forschungsgegenstand zu werden.
Aktuelles Beispiel ist eine Masterarbeit zum Phänomen des Kozyrev-Spiegels, mit dem scheinbar mentale Übertragungen symbolischer Inhalte über weite Entfernungen sozusagen telepathisch nicht nur möglich sind, sondern durch den Einsatz des Spiegels verstärkt werden. Das hört sich ziemlich verwegen und nicht sehr wissenschaftlich an?
Wie verwegen war die Behauptung, die Erde sei eine Kugel und nicht Zentrum des Universums oder die Idee, ein Teilchen könne, je nach Beobachter, mal ein Teilchen und mal eine Welle sein?
Wie entwickelt sich unser Wissen? Gibt es unwissenschaftliche Fragen?
Verläuft die Evolution unseres Geistes und damit unsere Erkenntnisfähigkeit zufällig oder gibt es eine Ordnung darin, wie es in der Theorie des Integralen Ansatzes von Ken Wilber oder in der Spiral Dynamik beschrieben wird?
Wäre es möglich, dass geniale Geister Dinge denken können, die Normalsterbliche nicht einmal träumen? Und dass es sich lohnt, verrückte Ideen zu denken und dann in die Tiefe zu forschen, inwieweit die Idee etwas mit Wahrheit zu tun haben?

Die interessante Frage ist doch vielleicht gar nicht, ob das Sitzen in einer glänzenden Metallröhre (eben im Kozyrev-Spiegel)Telepathie oder noch Unvorstellbareres ermöglicht.
Viel spannender ist doch, inwiefern es tatsächlich unwissenschaftlich sein kann, merkwürdige Phänomene nach allen Regeln der methodischen Kunst zu untersuchen? UNd wer das entscheidet?
Ist es nicht Ausdruck wissenschaftlicher Verantwortung, gerade weit hergeholte und dem aktuellen Wissen entgegen stehende Hypothesen zu überprüfen? Auch und gerade, wenn diese thematisch die Grenzen des bekannten Wissens überschreiten?

Zurück zum Stein des Anstoßes:
Prof. Dr. Stefan Schmidt, der dem wissenschaftlichen Beirat des Institutes angehört, hat zur "Masterarbeit zum Kozyrev-Spiegel" und den Wellen, die das Ganze geschlagen hat, eine differenzierte Zusammenfassung geschrieben, die sich ist diesen Fragen beschäftigt.
Außerdem gibt es in der taz ein aktuelles Interview mit Professor Harald Walach.

Es gibt viel Scharlatanerie, Unwissenheit, Aberglaube, Dummheit - aber zum Glück auch eine Menge an Klarheit, Wissen, Intelligenz und Mut, neue Fragen zu stellen.
Und hoffentlich ab und zu noch eine dicke Prise Humor, um an soclhen Fragen nicht immer gleich die Welt der Wissenschaft untergehen zu lassen...
Wer will schon wissen können, ob wir in 50 Jahren in Spiegeln sitzend telepathisch miteinander kommunizieren - die Nutzung unserer Handys und WLAN-Netze sind doch gute Vorbereiter (die uns merkwürdigerweise ganz selbstverständlich vorkommen....).