Die Mistel (Viscum album)
Bocksfutter, Donnerbesen, Donnerkraut
Auch: Druidenfuß, Hexenbesen, Leimmistel, Nistel, Vogelmistel, Wintergrün. Um Weihnachten herum tritt sie in Erscheinung, jene bemerkenswerte Pflanze, die sich sonst im Laub der Bäume versteckt. Sie wohnt nicht ganz auf der Erde und nicht ganz im Himmel, sodaß sie unseren Vorfahren, die noch ahnungsvoll auf die Zeichen der Natur achteten, als besondere Mittlerin zwischen den Welten erschien.
Die Mistel kommt auf verschiedensten Baumarten vor; wenn sie jedoch auf der Eiche wuchs, dem heiligsten Baum unserer Ahnen, ohne deren Laub keine heilige Handlung verrichtet wurde, dann sah man das als Zeichen an, daß die Gottheit selbst sich diesen Baum erwählt hatte und durch ihn göttlicher Segen den Menschen zuteil wurde.
Asterix un die Mistel
Dem römischen Historiker und Universalgelehrten Gaius Plinius Secundus d. Ä. (23-79 n. Chr.) ist zu verdanken, daß das Wissen über die damalige Naturforschung und einige der damit verbundenen Gebräuche der ihm bekannten Völker in seiner „Naturalis Historia“ überliefert wurde, jener ersten uns schriftlich hinterlassenen Enzyklopädie mit stattlichen 37 Bänden.
Die Autoren der beliebten Asterix-Comics haben hier offenbar gründlich recherchiert, denn sie liefern das alte Wissen auf humorvolle Weise, wenn der Druide im weißen Gewand mit goldener Sichel in die Bäume steigt, um die wirkkräftige Mistel für den sagenhaften Zaubertrank zu ernten, der unbändige Kraft, Mut und Gesundheit verleiht.
Plinius meint, daß die Druiden nichts für heiliger erachteten als jene „Allheilende“ Mistel, und mit großem Opfer dankten sie der Gottheit für das Heilmittel gegen alle Gifte, das Unfruchtbares wieder fruchtbar machte.
Die Mistel an Wintersonnenwende
Der Reifezeitpunkt der Mistelbeeren zur Wintersonnenwende ist eine weitere Besonderheit, die uns erklären kann, warum die Mistel gerade in dieser Zeit zu besonderen Ehren kam. Früher galten sie als Samen der Götter. Man hängte Mistelzweige zum Schutz vor Feuer und bösen Geistern an die Fenster und Türen, eine Mistelbeere, in Silber gefaßt um den Hals getragen, sollte damals vor jeder Verhexung bewahren.
Es gibt bei uns verschiedene Mistelarten, vor allen ist die Laubmistel, (Viscum album album) gemeint, die auf Eichen sehr selten vorkommt, zumeist wächst sie auf Ahorn, Linden, Pappeln, Weiden, Ebereschen und auf Apfelbäumen, wo sie sich heutzutage so vehement ausbreitet, daß inzwischen schon vom NABU geraten wird, sie in Schach zu halten und vor allem in Streuobstwiesen gezielt zurückzuschneiden.
Nun ist es spannend zu wissen, daß in der Geomantie die Mistel als Schutz vor schädlicher Strahlung angesehen wird. So könnte erklärbar sein, daß in der heutigen Zeit, wo Funk und andere Emissionen an zweifelhaften Frequenzen gigantisch zugenommen haben, auch die Mistel sich explosionsartig vermehrt. Ohne die Mistel würde der Baum vielleicht auf einer geopathogenen Zone krank werden, Wucherungen und Geschwüre bilden, kippen oder ganz eingehen.
Professor Dr. Heinrich Marzell zitiert in seiner „Geschichte und Volkskunde der deutschen Heilpflanzen“ den Erdstrahlenforscher Hanns Fischer, der ebenfalls die Heilkraft der Mistel mit den Erdstrahlen in Verbindung bringt. Er schreibt: „Die Mistel wächst an Stellen mit erhöhter Bodenstrahlung, weil sie gegen Strahlen gefeit ist. Sie enthält also einen Schutzstoff gegen diese gesundheitsschädlichen Strahlen. Daher schirmt sie diese nicht nur ab, sondern sie beseitig auch die gesundheitsstörenden Einwirkungen der Erdstrahlen.“
Zaubermistel
Auf jeden Fall ist die Mistel vormals ein klassische Zauberpflanze gewesen, über die viele Sagen berichten. Am bekanntesten ist sicherlich jene isländische Sage vom nordischen Lichtgott Baldur, der durch die Heimtücke des unberechenbaren Loki mit einem Mistelteinn, einem Mistelzweig, ums Leben gebracht worden sein soll.
Die Form der Mistel war auch die Ursprungsform der Wünschelruten, mit der man Schätze finden und Schlösser sprengen konnte. Auch Vögel konnte man mit der Mistel fangen, da sie gern von den Beeren naschen, die sich auf diese Weise durch den Vogelkot weitläufig vermehren. Daher stammt auch ihr deutscher Name Mistel (aus dem Mist erwachsen) Die Römer bereiteten Vogelleim aus den extrem klebrigen gelben Beeren einer italienischen Mistelart, daher der lateinische Name „Viscum“, der sowohl die Pflanze als auch den Leim daraus meint.
Über viele Jahrhunderte hielt die große Verehrung der Mistel an. Das heidnische Julfest wurde nicht ohne die Mistel gefeiert, Festhalle und Festschmaus wurden mit Mistelzweigen geschmückt. Schließlich hat das Christentum das Christfest an die Stelle der Weihe-Nächte zu Mittwinter gesetzt, und auch die Mistel wurde in christliche Gebräuche mit einbezogen.
Seitdem galt sie als segnende und Frieden stiftende Pflanze, unter deren Zweigen man sich mit Friedenskuss versöhnte. Von Skandinavien bis zum puritanischen England erlaubte der Mistelzweig über der Türschwelle, daß sich hier Liebespaare bereits vor der Ehe ungestraft küssen durften.
Die Heilkraft der Mistel
Schon die Druiden verwendeten die Mistel gegen die Fallsucht (Epilepsie) und gegen Schwindel. Ihr Platz in luftiger Höhe ließ schließlich vermuten, daß sie gegen Schwindel und Fallen immun sei.
Der aus dem Kraut bereitete Tee galt als Allheilmittel, man setzte ihn ein gegen Bluthochdruck, Blut-spucken und Nasenbluten, Ohrensausen, Fieber und Schwindelgefühl, bei Rheuma und Arthrosen. Den Beeren wurde eine reinigende Kraft nachgesagt, „es erweichet, zerteilet und ziehet Splitter aus“ (lt. H. Bock, 1546). Man verwendete sie gegen harte Geschwulste und alte Geschwüre.
Im Laufe der Zeit wurde die Mistel nicht nur bei Epilepsie eingesetzt, auch gegen schwache Nerven, die sog. Hysterie, Delirium und Krämpfe. Es ist erwiesen, daß die Beeren Herz und Nerven beruhigen und den Kreislauf harmonisieren.
Pfarrer Kneipp empfahl sie bei allen Blutflüssen, auch fürs Wochenbett und gegen Periodenstörungen. Nach Kölbl erhöht die Mistel den Stoffwechsel und bewirkt eine Steigerung der Drüsentätigkeit des Verdauungstraktes, kann damit Gelbsucht abklingen lassen und beseitigt chronische Verstopfung. Willfort wies noch darauf hin, daß die Mistel als das beste Mittel galt bei allen Erkrankungen durch Überfunktion der Schilddrüse. Heuschnupfen behandelte er durch Aufschnupfen von Misteltee.
Mistel heute
Heute benutzt man Fertigarzneien aus Mistelblättern, auch homöopathisch, bei Altersbeschwerden, gegen zu hohen Blutdruck und Arteriosklerose, Arthrose und zur Immunstärkung. Misteln enthalten Stoffe, die den Blutdruck senken und die Gefäßverbreiterung fördern. Ihre Inhaltsstoffe hängen stark von der jeweiligen Wirtspflanze ab.
In der traditionellen Pflanzenheilkunde wird der Tee noch verschrieben, aber besser ist der Kaltauszug, da die Heilwirkung durch Erwärmen verringert wird. Man nimmt 3 TL feingeschnittener Stängel und Blätter auf 3 Tassen kaltem Wasser, läßt sie über Nacht ziehen und seiht am nächsten Morgen ab. Tagsüber trinkt man die Menge schluckweise. Man soll die Misteln jedoch nur nach ärztlicher Verordnung einnehmen, da sie Gifte enthält, die allergische Reaktionen und Entzündungen hervorrufen können. Daher empfiehlt es sich, Mistelzweige auch stets unerreichbar für Kinder und Tiere aufzuhängen.
Mistel in der Krebsbehandlung
In der modernen Krebsbehandlung forscht man weiter mit der Mistel, was letztlich auf die Ideen des Rudolf Steiner zurückgeht, der die parasitäre Signatur der Mistel aufgriff und überlegte, damit die ebenfalls als Schmarotzer angesehenen Krebsgeschwüre zu behandeln.
Inzwischen gehört die Misteltherapie zu den am häufigsten angewandten Verfahren der komplementär-medizinischen Krebsbehandlungen. Die positive Wirkung erklärt man sich aus der Verbesserung des Gesamtbefindens, der Abwehrlage und der Lebensqualität. Diese Effekte sind wissenschaftlich nachweisbar, wie von der Uni Erlangen zu erfahren ist.
Aus geomantischer Sicht wäre noch anzumerken, daß Krebs oft dadurch ausgelöst wird, daß die Kranken eine lange Zeit auf geopathologischen Zonen schlafen oder dort ihren Arbeitsplatz haben. Hier schließt sich ein Wirk-Kreis, den weiter zu erforschen sich auf jeden Fall lohnen dürfte.
Jetzt aber wollen wir erst einmal den schönen Brauch zur Zeit der Weihe-Nächte genießen, hängen uns einen Mistelzweig unter die Wohnzimmerdecke und schließen Frieden mit uns und dem Rest der Welt.
Frohes Fest!
Quellen:
Bellinger, Gerhard, J., 1989: „Lexikon der Mythologie“
Börngen, Dr. Siegfried, 1961: „Pflanzen helfen heilen“
Golther, Wolfgang, 1895: „Germanische Mythologie“
Hertwig, Hugo, 1954: „Knaurs Heilpflanzenbuch“
Kölbl, Konrad, 1976: „Kölbl’s Kräuterfibel“
Marzell, Prof. Dr., Heinrich, 1938: „Geschichte und Volkskunde der deutschen Heilpflanzen“
Perger, Ritter von, 1864: „Deutsche Pflanzensagen“
Willfort, Richard, 26. Auflage 1997: „Gesundheit durch Heilkräuter“
https://www.nabu.de/tiere-und-pflanzen/pflanzen/pflanzenportraets/wildpflanzen/05945.html
http://www.sagen.at/doku/zauberpflanzen/v.html
https://www.zauber-pflanzen.de/viscum.htm
http://www.factorey.ch/Heilen/mistel.htm
https://www.botanischer-garten.uni-erlangen.de/pdf/2011_Mistel-Broschuere.pdf
Ein Artikel von
Ulrike Sprick
33442 Clarholz
www.gourmet-wildkräuterküche.de
Profil von Ulrike Sprick
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